Hm das sind ziemlich viele Punkte und einige davon sind nach meinem Empfinden gar keine oder nur sehr kleine Vorteile. Ich nehme einfach mal zu den einzelnen Punkten Stellung, sowohl aus Schülersicht, als auch aus Lehrersicht (Einzelnachhilfe beim Schüler zu Hause), denn die Gewinnung von neuen Lehrern wird ja gerade mit wachsender Schülerzahl früher oder später zum Thema werden und auch diese muss man erst mal von dem Konzept überzeugen.
- flexible Zeiten wählbar und kurzfristig verschiebbar, keine wöchentlich fixierte Unterrichtszeit
Auch mit einem Lehrer, der den Schüler zu Hause besucht, können unterschiedliche Zeiten ausgemacht werden. Je nach Wohnort ist die zeitliche Flexibilität jedoch eingeschränkt (z.B. bei Nutzung des ÖPNV in ländlichen Regionen). Flexible und kurzfristig änderbare Zeiten haben, auch wenn sie für den Schüer natürlich komfortabel sind, eine schlechtere Planbarkeit für den Lehrer zur Folge.
- Nachhilfelehrer ist auch nachts verfügbar
Ich behaupte mal ohne Belege, dass sich die Anzahl derer, die sich plötzlich nachts um halb eins denken "Oh jetzt hab ich voll Bock auf Nachhilfe!" so wohl auf der Schüler- als auch auf der Lehrerseite sehr in Grenzen hält.
- der Schüler kann sich seinen Lieblingslehrer auswählen, oder wechselt den aktuellen Lehrer problemlos
Man kann sich auch offline seinen Lieblingslehrer aussuchen. Zugegebenermaßen ist dies jedoch aufwendiger als online. Der problemlose Wechsel ist auch komfortabel, für den Lehrer stellt es jedoch ein Risiko dar, da keine Verbindlichkeit besteht. Auch wenn man keinen Vertrag aufsetzt, ist die Verbindlichkeit offline doch etwas größer, zumal es für die Eltern/Schüler aufwendiger ist nach einem Nachhilfelehrer, der sie zu Hause besucht, zu suchen, als sich online durchzuklicken.
- keine Anfahrtszeit und keine Anfahrtskosten
Das stimmt. Wenn der Schüler in einer ländlichen Region lebt, ist dies tatsächlich ein Vorteil für beide Parteien. In der Stadt ist es lediglich für den Lehrer ein Vorteil, da er Zeit spart. Für den Schüler ergeben sich die aufgrund der Anfahrt möglicherweise höher ausfallenden Kosten, denn die Anfahrtszeit liegt, wenn man sich im direkten Umkreis einen Lehrer sucht, was i.d.R. problemlos möglich ist, bei max. 20 bis 25 Minuten und um online effektiv den selben Stundenlohn wie offline zu kriegen, muss der Lehrer ebenfalls zusätzliche Kosten berechnen, da lediglich 75% beim Lehrer ankommen.
- bei körperlicher Behinderung oder Krankheit kann trotzdem gelernt werden
- zusätzlich keine Ansteckung oder Übertragung von Erkältungsviren etc.
Auch körperlich behinderte Menschen kann man zu Hause besuchen. Wenn man so krank ist, dass man niemanden bei sich zu Hause reinlässt, sollte man in Betracht ziehen, das Lernen direkt bleiben zu lassen, da es vermutlich nicht sonderlich effektiv sein wird. Die Sache mit der Übertragung von Viren ist natürlich korrekt.
- keine Geruchsbelästigung für Schüler oder Lehrer
- keine sexuelle Belästigung, Kindesmissbrauch oder dergleichen
Das Wort "keine" ist etwas zu optimistisch. Theoretisch kann man natürlich auch via Skype jemanden sexuell belästigen. Aufgrund der Tatsache, dass die Sessions aufgezeichnet werden, halte ich dies jedoch für sehr unwahrscheinlich und körperliche Übergriffe können ja beispielsweise gar nicht stattfinden bei der Online-Nachhilfe. Insofern ist das ein Pluspunkt.
- jede Nachhilfe-Session wird aufgenommen und dem Schüler als Video bereitgestellt, er kann sich das Gelernte so oft wie ermöchte nochmals anschauen (Nachlernen)
Da stimme ich zu.
- vollständige Kontrolle und Transparenz für die Eltern: sie können beim Unterricht dabei sitzen oder sich später die Nachhilfe-Session als Video ansehen (keine konventionelle Nachhilfe kann so etwas bieten)
Auch beim Nachhilfeunterricht, bei dem ein Lehrer zum Schüler nach Hause kommt können die Eltern dabei sitzen. Ob das vom Schüler so erwünscht ist, wage ich zu bezweifeln. Insofern ist die Videoaufzeichnung auch ein kleines Plus, da die Eltern sich von der Qualität überzeugen können.
- Visualisierung durch neueste Mathetools, Probleme werden viel schneller verstanden
Man kann auch einfach einen Laptop, Tablet, etc. bei konventioneller Nachhilfe benutzen. Kommt aufs selbe raus. In Instituten ist auch der Einsatz von Smartboards und ähnlichem möglich. Insofern ist das kein exklusives Feature der Online-Nachhilfe.
- alle erstellten Dokumente können vom Schüler sofort genutzt, gedruckt und für die Schule eingereicht werden
Was für Dokumente aus dem Nachhilfeunterricht reicht man denn bei der Schule ein? So was habe ich noch nie gehört. Wenn man den bereits erwähnten Laptop o.Ä. bei der konventionellen Nachhilfe nutzt, kann man die Dokumente genau so schnell ausdrucken und dank modernster Technik wie E-Mails auch sofort dem Schüler zur Verfügung stellen.
- die Nachhilfe fällt nicht aus: wenn ein Lehrer ausfällt, springt online sofort ein anderer ein
Auch hier stimme ich zu.
- Schüler und Lehrer können sich vor dem Computer kleiden wie sie wollen (Schlafanzug, nur in Unterhose bei Hitze) und machen was sie wollen, denn beide sind nicht sichtbar, nur hörbar
- Schüler kann auf seinem Computer/Bildschirm machen, was er möchte, dieser kann vom Lehrer nicht gesehen werden
Das kann auch ein Nachteil sein. Möglicherweise wird der Schüler abgelenkt oder ist unkonzentriert. Gerade am PC gibt es viele Dinge, die den Schüler ablenken können.
- Aufgaben werden vom Schüler hochgeladen, der Lehrer bereitet sich vorher explizit darauf vor und ist viel effektiver als konventionelle Nachhilfelehrer
Auch konventionelle Nachhilfelehrer bereiten sich - sofern sie auch nur ansatzweise professionell sind - ausgiebig vor. Aufgaben können auch einem konventionellem Lehrer im Vorfeld z.B. via Skype geschickt werden, sodass er sich explizit darauf vorbereitet.
- Nachhilfelehrer stehen jederzeit per Skype zur Verfügung, können schnell kontaktiert werden
Jederzeit halte ich für übertrieben. Und auch ein normaler Nachhilfelehrer kann via Skype, Whatsapp etc. kontaktiert werden, wenn die entsprechenden Kontaktdaten ausgetauscht werden.
- das komplette Internet steht für Anschauungsmaterial zur Verfügung
Wenn bei der normalen Nachhilfe der bereits mehrmals erwähnte Laptop oder das Tablet etc. genutzt werden, steht auch dort das gesamte Internet zur Verfügung.
- Schüler und Lehrer arbeiten im visuellen Dialog am Bildschirm zusammen
Naja... Schüler und Lehrer sollten immer im Dialog zusammenarbeiten.
- volle Kostenkontrolle: nur einzelne Nachhilfestunden buchen oder ein Guthaben erwerben und dieses verwenden
Naja okay, lass ich mal als kleinen Pluspunkt gelten.
Insgesamt denke ich, dass dieses Modell gerade im ländlichen Raum, wo die Lehrerdichte kleiner ist, interessant ist. In einer Großstadt gibt es im 20-Minuten-Umkreis mehr als genug kompetente Lehrer.