Dies ist der erste Teil meiner Kurzzusammenfassung für die Themen aus der linearen Algebra. Diese Zusammenfassung habe ich im Rahmen einer Prüfungsvorbereitungsstunde für meine Tutanden entstanden. Das (überarbeitete) Skript dazu gibt es in absehbarer Zeit als PDF auf meiner Webseite.
Teil 2: https://www.mathelounge.de/529158/artikel-003-kurzzusammenfassung-lineare-algebra-i-teil-2
Teil 3: https://www.mathelounge.de/529170/artikel-003-kurzzusammenfassung-lineare-algebra-i-teil-3
Teil 4: https://www.mathelounge.de/529178/artikel-003-kurzzusammenfassung-lineare-algebra-i-teil-4
0. Verwendete Abkürzungen
\(\begin{array}{|c|c|}\hline\mathrm{Notation} & \mathrm{Bedeutung}\\\hline\mathbb{K} & \mathrm{Platzhalter\text{ } für\text{ } } \mathbb{N}, \mathbb{R}, \mathbb{C} \mathrm{\text{ }usw.}\\\hline A\in\mathbb{K}^{m\times n} & A \mathrm{ \text{ }ist\text{ } eine\text{ } } m\times n-\mathrm{Matrix}\\\hline \mathrm{rank}(A) & \mathrm{\text{ }Rang\text{ }der\text{ } Matrix} A\\\hline \det(A) & \mathrm{Determinante\text{ } der\text{ } Matrix} A\\\hline C(A) & \mathrm{Spaltenraum\text{ } von\text{ } } A\\\hline N(A) & \mathrm{ (rechter)\text{ } Nullraum \text{ }von\text{ } } A\\\hline C(A^T) & \mathrm{Zeilenraum\text{ } von \text{ }} A\\\hline N(A^T) & \mathrm{linker \text{ }Nullraum\text{ } von\text{ } } A\\\hline \circ & \mathrm{\text{ }Platzhalter \text{ }für\text{ } }+, \cdot \mathrm{\text{ } und \text{ }andere\text{ } Operationen}\\\hline\end{array}\)
1. \(LU-\)Zerlegung
Gegeben sei exemplarisch die \(3\times 3-\)Matrix
$$A=\left(\begin{matrix}1&2&1\\2&2&3\\3&5&4\end{matrix}\right)$$ Ziel der \(LU\)-Zerlegung ist das Bilden zweier Matrizen, die folgende Gestalt haben: $$L=\left(\begin{matrix}l_{1,1}&0&0\\l_{2,1}&l_{2,2}&0\\l_{3,1}&l_{3,2}&l_{3,3}\end{matrix}\right)$$$$U=\left(\begin{matrix}u_{1,1} & u_{1,2} & u_{1,3}\\0 & u_{2,2} & u_{2,3}\\0 & 0 & u_{3,3}\end{matrix}\right)$$ Wir nennen \(L\) linke untere Dreiecksmatrix, weil nur die Einträge unterhalb und inklusive der Hauptdiagonale besetzt sind. \(U\) heißt rechte obere Dreiecksmatrix, weil nur die Einträge oberhalb und inklusive der Hauptdiagonale besetzt sind. Es gilt: \(A=LU\)Warum ist diese Zerlegung sinnvoll?- Nullen müssen nicht gespeichert werden, was eine Speicherplatzersparnis zur Folge hat.- Die Berechnung der Determinante ist sehr einfach, da man nur die Elemente der Hauptdiagonalen miteinander multiplizieren muss.Bei der \(LU-\)Zerlegung speichert man in \(L\) die Operationen, die zur Berechnung von \(U\) durchgeführt wurden. Für die Beispielmatrix \(A\) liefert die \(LU-\)Zerlegung:$$L=\left(\begin{matrix}1&0&0\\2&1&0\\3& 0.5&1\end{matrix}\right)$$ $$U=\left(\begin{matrix}1 & 2 & 1\\0 & -2 & 1\\0 & 0 & 0.5\end{matrix}\right)$$ Um nachzuweisen, dass richtig gerechnet wurde, bildet man das Produkt \(LU\) und prüft, ob \(A\) herauskommt: $$LU=\left(\begin{matrix}1&0&0\\2&1&0\\3& 0.5&1\end{matrix}\right)\cdot \left(\begin{matrix}1 & 2 & 1\\0 & -2 & 1\\0 & 0 & 0.5\end{matrix}\right) = \left(\begin{matrix} 1&2&1\\ 2&2&3\\ 3&5&4 \end{matrix} \right)$$
2. Vektorräume
2.1 Was ist ein Vektorraum?
Den Begriff des Vektorraums entwickelt man schrittweise aus einfachen algebraischen Strukturen:Menge \(M\) \(\Longrightarrow\) Verknüpfung \((M,\circ)\) \(\Longrightarrow\) Gruppe \((G,+)\) \(\Longrightarrow\) Ring \((R,+,\cdot)\) \(\Longrightarrow\) Körper \((K,+,\circ)\) \(\Longrightarrow\) VektorraumWir starten bei der Definition der Menge, die eine Zusammenfassung von Objekten ist. Versehen wir die Menge mit einer Operation \(\circ\) entsteht eine Verknüpfung. Eine Verknüpfung erfüllt Eigenschaften wie- Abgeschlossenheit (wenn man ein Element \(m_1\) aus der Menge \(M\) mit einem anderen Element \(m_2\in M\) durch \(\circ\) verknüpft, erhält man wieder ein Element aus der Menge: \(m_1\circ m_2\in M\)).- Assoziativität (Klammern haben keinen Einfluss auf das Ergebnis).- Kommutativität (wenn \(m_1,m_2\in M\), dann gilt: \(m_1\circ m_2 = m_2\circ m_1\)).- Neutrales Element (das Ergebnis der Verknüpfung eines Elements \(m\in M\) mit dem neutralen Element \(n\in M\) ergibt wieder das Element \(m\): \(m\circ n=m\)).- Inverses Element (das zu \(m\in M\) inverse Element \(m^{-1}\in M\) verknüpft mit \(m\) ergibt das neutrale Element \(n\in M\): \(m\circ m^{-1}=n\)).Abhängig von den Eigenschaften, welche die Verknüpfung erfüllt, nennen wir diese Gruppe. Dort gibt es weitere Abstufungen (Halbgruppe, abelsche Gruppe, Monoid, ...). Mit zusätzlichen Axiomen gelangt man dann zu Ringen und Körpern. Schlussendlich landet man bei dem Begriff des Vektorraums.Um eine Menge \(V\) über einem Körper \(\mathbb{K}\) mit den Verknüpfungen \(+\) und \(\cdot\) Vektorraum nennen zu dürfen, müssen die sogenannten Vektorraumaxiome erfüllt sein. Diese werden in der Vorlesung (leider) nicht behandelt. Viel wichtiger ist dort der Begriff des Untervektorraums.
2.2 Untervektorraum
Ein reeller Vektorraum \(U\subseteq V\) heißt Untervektorraum von \(V\) über \(\mathbb{R}\), wenn gilt:1.) \(U\neq \emptyset\)2.) \(\forall u,v\in U:u+v\in U\) (Abgeschlossenheit bezüglich \(+\))3.) \(\forall u\in U\) und \(\forall \lambda\in \mathbb{R}\): \(\lambda\cdot u\in U\) (Abgeschlossenheit bezüglich \(\cdot\))Wir zeigen beispielhaft:1.) \(X=\left\{\left(\begin{matrix}0\\ v\end{matrix}\right)\mid v\in \mathbb{R}\right\}\) ist ein Untervektorraum von \(\mathbb{R}^2\)2.) \(Y=\left\{\left(\begin{matrix}a\\ b\end{matrix}\right)\mid a,b\in \mathbb{R} \text{ und } b=a^2\right\}\) ist kein Untervektorraum von \(\mathbb{R}^2\) \(\square\)
Für die erste Aussage müssen wir alle Unterraumkriterien prüfen:
1.) \(X\) ist nicht leer, denn \(\left(\begin{matrix}0\\ 0\end{matrix}\right)\) liegt z. B. in \(X\)
2.) Wir wählen \(\left(\begin{matrix}0\\ u\end{matrix}\right)\in X\) und \(\left(\begin{matrix}0\\ v\end{matrix}\right)\in X\). Wir addieren diese beiden Vektoren und erhalten: $$\left(\begin{matrix}0\\ u\end{matrix}\right)+\left(\begin{matrix}0\\ v\end{matrix}\right)=\left(\begin{matrix}0\\ u+v\end{matrix}\right)\in X$$ 3.) Wir wählen ein \(\lambda\in \mathbb{R}\) und den Vektor \(\left(\begin{matrix}0\\ v\end{matrix}\right)\in X\). Wir bilden das Produkt \(\lambda \cdot \left(\begin{matrix}0\\ v\end{matrix}\right)\) und erhalten: $$\lambda\cdot \left(\begin{matrix}0\\ v\end{matrix}\right)=\left(\begin{matrix}\lambda \cdot 0\\ \lambda\cdot v\end{matrix}\right)=\left(\begin{matrix}0\\ \lambda\cdot v\end{matrix}\right)\in X$$
Für die zweite Aussage genügt es bereits zu zeigen, dass \(Y\) eines der Unterraumkriterien nicht erfüllt. Man sieht schnell, dass z.B. die Abgeschlossenheit bezüglich der Multiplikation \(\cdot\) nicht gegeben ist. Es ist \(\left(\begin{matrix} 1\\ 1 \end{matrix}\right)\) in \(Y\), da \(1=1^2\). Doch wenn wir \(\lambda=2\in\mathbb{R}\) wählen, dann erhalten wir \(2\cdot \left(\begin{matrix} 1\\ 1 \end{matrix}\right)=\left(\begin{matrix} 2\cdot 1\\ 2\cdot 1 \end{matrix}\right)=\left(\begin{matrix} 2\\ 2 \end{matrix}\right)\). Aber \(\left(\begin{matrix} 2\\ 2 \end{matrix}\right)\notin Y\) denn \(2\neq 2^2\).
Dieser Artikel hat 50 Bonuspunkte erhalten. Schreib auch du einen Artikel.