Hallo,
man kann mithilfe des Auswahlaxioms (bzw. Lemma von Zorn) nicht-stetige Lösungen \(g:\,\R\to\R\) zu der Funktionalgleichung $$ g(x+y)=g(x)g(y)\tag{1}$$ finden. Man kann sogar zeigen, dass jede Lebesgue-messbare Lösung schon stetig sein muss. Ich würde also vermuten, dass man ohne AC keine unstetige Lösung finden kann.
Nun erstmal ein paar Beobachtungen: Sei \(g:\,\R\to\R\) eine Lösung von (1)
(i) Falls \(g(x_0)=0\) für ein \(x_0\in\R\), dann gilt bereits \(g(x)=0\) für alle \(x\in\R\).
(ii) Für \(x\in\R\) ist \(g(2x)=g(x)^2\geq0\)
Jede unstetige Lösung von (1) muss also überall echt positiv sein.
Zusammenhang zur Cauchy Funktionalgleichung:
\(f:\R\to\R\) löst die Cauchy Funktionalgleichung, falls (für alle \(x,y\in\R\)): $$f(x+y)=f(x)+f(y)\tag{2}$$
Es ist sicherlich bekannt, dass jede stetige Lösung zu (2) die Form \(f(x)=cx\) für ein \(c\in \R\) hat.
Wenn nun \(f\) eine Lösung von (2) ist, dann ist \(g(x):=e^{f(x)}\) eine Lösung zu (1). Wenn darüber hinaus \(f\) unstetig (bzw. nicht Lebesgue messbar) ist, dann ist auch \(g\) unstetig (bzw. nicht Lebesgue messbar), denn nach (ii) gilt \(f(x)=\log(g(x))\).
Es reicht also eine unstetige Lösung zu (2) zu finden.
Unstetige Lösung der Cauchy Funktionalgleichung:
Man kann zeigen: Es gibt eine Menge \(\mathcal B\subseteq \R\), sodass sich jedes \(x\in\R\) eindeutig als endliche Linearkombination von Elementen aus \(\mathcal B\) über \(\mathbb Q\) schreiben lässt. Das heißt für jedes \(x\in\R\backslash\{0\}\) existieren eindeutige \(m_x\in\mathbb N,\,\lambda_1,\dots,\lambda_{m_x}\in\mathbb Q\backslash\{0\},\,b_1,\dots,b_{m_x}\in\mathcal B\) mit $$x=\sum_{i=1}^{m_x}\lambda_ib_i$$
(Stichwort (Hamel-)Basis, betrachte \(\R\) als Vektorraum über \(\mathbb Q\). Für die Existenz braucht man AC / Lemma von Zorn. Man kann auch bspw. \(1\in\mathcal B\) wählen.)
Jetzt reicht es \(f\) auf den Elementen aus \(\mathcal B\) zu definieren und man erhält eine \(\mathbb Q\)-lineare Abblidung die insbesondere (2) erfüllt. Auf diesem Weg kann man sicherlich erreichen, dass \(f\) nicht die Form \(f(x)=cx\) hat und damit auch nicht stetig (und auch nicht Lebesgue messbar) ist.