Wer nicht nachdenken will, ist selber schuld. Die Folgen wird er bald merken.
Es gibt viele, die sich bedanken mit den Worten: Jetzt habe ich es (endlich) verstanden.
Diese Einstellung ist ehrlich gesagt mehr als beschissen und die "Komplettlöser" lassen diese Leute eben genau ins offene Messer rennen. Auf der einen Seite Veränderung verlangen, aber andererseits den Leuten sich selbst überlassen. Ob diese Leute es wirklich verstanden haben, wage ich in der Mehrheit der Fälle zu bezweifeln. Erkennbar oft auch daran, dass bei ähnlichen Problemstellungen erneut nachgefragt wird. Wo ist denn das Verständnis der Komplettlösung geblieben? Richtig, es gibt gar keins.
Rechenwege nachzuvollziehen ist immer leichter als selbst auf die Lösung zu kommen. Das Erkennen von Rechenregeln ist ebenso einfacher als die eigene Anwendung dieser. Das typische Beispiel ist doch \((a+b)^2=a^2+b^2\). Sehe ich in der Lösung die binomische Formel aufgelöst, erkenne ich "jo, hier wurde die binomische Formel angewendet". Stehe ich aber selbst vor dem Problem den Term \((a+b)^2\) aufzulösen, bekomme ich es nicht hin, da mir durch mangelnde Anwendung (ich betrachte ja immer nur Lösungen) die Routine fehlt, mathematische Regeln korrekt zu benutzen. Es gibt unzählige weitere Beispiele.
Ich habe von tschakabumba viel gelernt. Seine Erklärungen sind sehr gut bis exzellent,
seine optische Gestaltung toll.
Das steht auch gar nicht in der Kritik. Seine Komplettlösungen sind kleinschrittig, übersichtlich und vermutlich auch für den dümmsten Schüler nachvollziehbar. Der Lerneffekt bleibt in den meisten Fällen aus u.a. oben genannten Gründen aus. Das hat auch mit dem Lerntyp an sich erst einmal nichts zu tun. Natürlich gibt es Leute, die mit einer Komplettlösung gut arbeiten können. Diese können das dort "Gelernte" aber auch auf ähnliche Problemstellungen übertragen. Das kann der Großteil hier aber anscheinend eben nicht, weil das Verständnis fehlt. Die Fähigkeit, aus einer Komplettlösung das nötige Verständnis herauszuziehen, muss man eben auch erst einmal besitzen.
Das ist deine Meinung, die du wohl aus pädagogischen Theorien beziehst, die man dir eingetrichtet hat.
Ich bin kein ausgebildeter Pädagoge und ich stehe auch nicht hinter irgendwelchen pädagogischen Theorien. Man hat mir also nichts eingetrichtert, sondern ich bilde mir aufgrund meiner Erfahrungen mein eigenes Bild. Ich arbeite mit genug Menschen zusammen, um deren Schwierigkeiten erkennen zu können und weiß daher, dass eine Musterlösung in den wenigsten Fällen zielführend ist. Wenn kein Verständnis aufgebaut werden kann, kann die Musterlösung noch so hübsch und ausführlich sein. Wie oft liest man hier auch den Satz "Ich verstehe die Musterlösung nicht". Das mag bei wirklich schlechten Lösungen eine legitime Aussage sein, aber ich habe das auch schon bei Lösungen gelesen, wo ich mir dachte "was verstehst du daran nicht?".
Und sicherlich, jeder Mensch ist individuell und lernt individuell. Daran gibt es auch nichts auszusetzen. Aber auch Lernen muss man erst einmal lernen und das können die meisten eben überhaupt nicht. Sie sind nicht in der Lage, sich zu organisieren, die Zeit effektiv zu nutzen und somit auch effektiv zu lernen. Sowas muss in den Schulen eigentlich vermittelt werden, wird es aber nicht. Die Schüler sind da alle auf sich allein gestellt. Und mal ehrlich? Wer hat schon Lust zu lernen? ;) Das sind ebenfalls die wenigsten. Selbst die angeblich erwachsenden Studenten bekommen sowas ja nicht auf die Reihe. Die Ursachen für diese Misere sind jedenfalls vielfältig und ich denke nicht, dass es förderlich ist, diese Situation durch vollständige Lösungen weiter zu fördern, denn das ist das, was meiner Meinung nach passiert. Es wird einfach die Möglichkeit genommen, sich wirklich nochmal selbstständig Gedanken zu machen.
Übrigens: Welchen Sinn haben fertige Lösungen eigentlich, wenn die FS gar nicht danach fragen und man deren eigentlich gestellte Frage damit vollkommen ignoriert?