Das Geniale bricht sich eben doch Bahn; in seiner Antwort verfolgt Lu meine Strategie
" Wer für Schulaufgaben mehr wie zwei Unbekannte investiert, lebt verkehrt. "
Doch stimmt. Was ist Zivilcourage? Mein Chef verlangte von mir, ein Funktionensystem zu programmieren, wo die Anzahl der Unbekannten mit den Stützpunkten steigt. Für 100 Punkte und nicht mehr als 3. Grades pro Intervall wären das 2 * 100 Unbekannte; sag ich: Hey Günter du spinnst.
Vorschlag zur Güte: Nicht mehr wie 2 X 2 Unbekannte pro Intervall. Mir drohte die Frist lose.
Der Schrat gab erst nach, als ich ihm Schwarz auf Weiß zeigte:
" Hier du selber hast dieses Buch für mich bestellt ===> Paddy Prenter / Nummerische Matematik . Was ich gestern vor dem Einschlafen erfunden habe, gibt es wirklich ===> Hermitesche Splines ; und das mache ich jetzt . . . "
Die Moral von der Geschicht: Was DU ersinnst, glaubt man dir nicht . . .
Vielleicht eine ergänzende Bemerkung. An der Uni sind Knobelaufgaben dieses Typs eh verboten; bei einem LGS mit 4 Unbekannten verlierst du jeden Überblick, ob das LGS ====> Schlecht konditioniert oder - noch schlimmer - ===> linear abhängig ist. Die wenigen Typen bzw. Schablonen, für welche der amtliche Unbedenklichkeitsbeweis vorliegt, sind exemplarisch in Lehrbüchern erfasst.
So kannst du z.B. immer ( eindeutig ) ein Polynom n-ten Grades aus ( n + 1 ) Stützpunkten ( " Knoten " ) konstruieren ===> Lagrangepolynome. Oder die o.e. Hermiteschen Splines setzen darauf, dass du Funktionswert und Ableitung in den Randpunkten eines ( kompakten ) Intervalls kennst ( macht 4 Bedingungen an die Koeffizienten eines kubistischen Polynoms )
In Wiki, mit Sicherheit aber in jedem Lehrbuch findet ihr die Grafen der 4 Hermiteschen ===> Basispolynome abgebildet ( " Wer hat da gesagt, dass man sich einen vierdimensionalen Raum nicht vorstellen kann? " )
Ein berühmtes Gegenbeispiel. Von einer ( quadratischen ) Parabel verlangst du zwei Punkte
y1;2 := f ( x1;2 ) ( 1a )
so wie die Ableitung ( Steigung )
m := f ' ( x3 ) ( 1b )
scheinbar drei Bedingungen.
Nun gilt aber der ===> Mittelwertsatz ( MWS ) der Differenzialrechnung. Dieser besagt: Im Inneren des Intervalls ( x1 ; x2 ) gibt es ein x0 - x0 heißt " Mittelwert " im Sinne des MWS - so dass die Tangente in x0 parallel verläuft der Kurvensehne
f ( x2 ) - f ( x1 ) = ( x2 - x1 ) f ' ( x0 ) ( 2a )
Bei einer ersten Bekanntschaft mit diesem MWS sind Anfänger immer wieder enttäuscht, dass dieser weder etwas aussagt über die Anzahl der Mittelwerte ( Es handelt sich um eine EXISTENZ-keine Eindeutigkeitsaussage ) noch gar einen Algoritmus bereit stellt, wie man ein solches x0 finden könnte. Was kaum einer weiß; Bei Parabeln ist alles ganz anders. Hier gilt nämlich in ( 1ab ) wörtlich
x0 = 1/2 ( x1 + x2 ) ( 2b )
Damit erweist sich aber Aufgabe ( 1ab ) als schlecht konditioniert. Was ist das; schlecht konditioniert?
Du gibst für x1;2;3 so wie y1;2 , m irgendwelche Daten in den Computer oder TR ein. Der versucht dann das 3 X 3 LGS nach dem ===> Gaußschen Dreiecksverfahren zu lösen. Und je näher x3 diesem x0 in ( 2b ) kommt, desto weniger gelingt es dem Programm, die Matrix des LGS zu ===> pivotisieren; der Algoritmus ist ja " dumm "
Und wenn x3 = x0 , ist eh lineare Abhängigkeit gegeben; du kannst dir ja mal überlegen, was du für m fordern musst, damit dein LGS ÜBERHAUPT noch eine Lösung besitzt . . .
Also Vorsicht ist am Platze; wenn euch euer Lehrer sagt, genau so viele Bedingungen wie Unbekannte. Hier du kennst doch den Soruch:
" Diese Forderung erweist sich als bloß notwendig und eben keines Wegs HINREICHEND . "
Ich bin so vollauf begeistert von der ganzen Ideenwelt dieses Lu van Burg; das ist Geist von meinem Geist. Aber den zweiten, den Schlussteil habe ICH anders. Diesmal erzeige ich mich aber Kompromiss bereit, weil Lu das so toll gemacht hat. DU sollst jetzt entscheiden, wer von uns beiden die bessere Strategie hat: Lu oder ich. Rein vom Sinn der Sache her führe ich als Unbekannte ein k den ===> Leitkoeffizienten ( LK ) so wie die dritte, noch unbekannte Nullstelle x3 .
f ( x ) = k ( x + 3 ) ² ( x - x3 ) ( 3a )
Kleiner Wermutstropfen; Lu behauptet, x1;2 = ( - 3 ) sei eine doppelte Nullstelle. Er hätte sagen müssen: Mindestens doppelte; x3 ist ja noch unbekannt. Vielleicht erweist sich ja auch x3 = ( - 3 ) . . .
Jetzt gibt es eine Mogelpackung, die mir schon oft geholfen hat, die Rechenstufe um Eins zu erniedrigen - ich meine Logaritmieren. Logaritmieren erweist sich als um so nützlicher, je höher der Grad einer Nullstelle an sich schon ist; zum Beispiel Nullstellen der Ordnung 4 711 werden mit einem Mal beherrschbar . . .
ln ( y ) = 2 ln ( x + 3 ) + ln ( x - x3 ) ( 3b )
und - " hast du nicht gesehen " - ist dieses k den Bach runter. Logaritmieren bewirkt nämlich, dass k zu einer rein additiven ===> Integrationskonstante wird, die spätestens beim Ableiten ganz verduftet. Ich sage immer: Der LK zählt überhaupt nur als halbe Unbekannte; in 90 % der Fälle gelingt es mir, den zu eliminieren ( Auf die Kurvendiskussion bleibt er eh ohne Einfluss. )
Ich befinde mich da übrigens in bester Gesellschaft; ein Kollege lud mich ein, mich mal näher mit Einsteins ===> ART zu befassen. Da stellte ich dann fest: Die machen das nur so.
( 3b ) unterwerfen wir der Technik des ===> logaritmischen Differenzierens, einer Sonderform des ===> impliziten Differenzierens. Auf der linken Seite bitte die Kettenregel beachten
y ' / y = 2 / ( x + 3 ) + 1 / ( x - x3 ) ( 4a )
In ( 4a ) einsetzen x = 0
2/3 - 1 / x3 = 3 / ( - 9 ) = ( - 1/3 ) ( 4b )
x3 = 1 ( 4c )
Wie man jetzt noch k ermitteln könnte, wird deine Eigenleistung.
Manöverkritik.
Wenn du Lus Vorschlag folgst, musst du die erste Ableitung bilden per Produkt-und Kettenregel nach der Metode
" Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen. "
Und zum Dank für deine Mühe bekommst du obendrein noch ein GEKOPPELTES LGS in a und b aufgebürdet; das genau ist nämlich die Strafe, dass du es nicht vermocht hast, die Unbekannten nach ihrem NATÜRLICHEN Sinn zu unterscheiden. Doch; ich halte dafür, dass es auch in der Matematik ästetische natürliche Formulierungen gibt, andererseits unnatürliche, ja sogar abartige; perverse.
Was für eine Vorbildung hast du? Ich will nämlich vorbauen, falls du mit dem Einwand kommst
" Logaritmus hatten wir noch nicht; keine Ahnung, wie jman den ableitet. "
So wisse denn, vernimm und staune. aus dem Telekolleg von Prof. ===> Neunzert weiß ich:
" Der Logaritmus ist DEFINIERT als Aufleitung ===> Stammfunktion der Normalhyperbel f ( x ) = 1 / x . "
Eine Definition kann man bekanntlich nicht " beweisen " ( max Zeichen )