In der Mathelounge erschien heute diese Aufgabe:
In einem Lagerhaus wird jede Woche die Anzahl der gelagerten Produkte (in Tausenden) aufgezeichnet:
Woche 1: 23
Woche 2: 81
Woche 3: 29
Woche 4: 27
Woche 5: 35
Woche 6: 9
Wie viele Produkte werden voraussichtlich in Woche 7 im Lagerhaus gelagert?
a) 41 b) 3 c) 97 d) 18
Einige Antwortgeber haben offenbar übersehen, dass nur vier mögliche Lösungen gegeben waren. Allein aus der Zahlenfolge 23, 81, 29, 27, 35, 9 auf das nächste Glied zu schließen, lässt ohne die Einschränkung der Antwortmöglichkeiten natürlich keine eindeutige Lösung zu. Es geht in dieser Aufgabe die wichtige mathematische Tätigkeit der Mustererkennung. Darüber hinaus geht es um das, was Charles Sanders Peirce (1839-1914) ‚Diagrammatisches Schließen‘ nennt.
Ausgangspunkt des ‚Diagrammatischen Schließens‘ ist meistens eine Situation in der ein Mensch angesichts einer als problematisch oder erklärungsbedürftig empfundenen Wahrnehmung eine erklärende Hypothese sucht. Für das Lehren und Lernen von Mathematik in der Schule bedeutet diagrammatisches Schließen, dass Lernen entscheidend davon abhängt, dass erstens Repräsentationen (Diagramme) des jeweils gegebenen Problems konstruiert werden, zweitens Experimente mit diesen „Diagrammen“ durchgeführt werden und drittens die Resultate solcher Experimente beobachtet werden. (Ein Diagramm ist bei Peirce eine Darstellung, welche Beziehungen zwischen Zeichen mit den Mitteln eines konsistenten Darstellungssystems repräsentiert.)
In der vorliegenden Aufgabe sind 4 mögliche Repräsentationen des Problems bereits gegeben und damit die der erste Schritt des diagrammatischen Schließens nicht vom Problemlöser zu leisten. Im zweiten Schritt müssen Experimente mit den gegebenen Repräsentationen durchgeführt werden. Im Rahmen dieser Experimente kann bei ausreichender Vorerfahrung eine Teilfolge 81, 27, 9 erkannt werden, deren Gesetzmäßigkeit auf der Hand liegt. Nach Streichung dieser Teilfolge in allen vier gegebenen Fällen bleibt jeweils eine Teilfolge stehen, der im dritten Schritt vermutlich wiederum ein Muster zuzuordnen sein sollte.
Das diagrammatische Schließen kann nur dann erfolgreich abgeschlossen werden, wenn im dritten Schritt eine Überprüfung der Tauglichkeit der ersten beiden Schritte zur Problemlösung möglich ist. Die Aufgabe, einer Zahlenfolge ein Bildungsgesetz anzusehen, ohne die Möglichkeit der Überprüfung der Tauglichkeit das vermuteten Gesetzes ist sinnlos. Dafür eine Beispielaufgabe:
Wie lautet das nächste Glied der Folge 1, 2, 4, 8, 16,…?
Eine Möglichkeit der Überprüfung einer Hypothese besteht insbesondere dann, wenn im Aufgabentext die gegebene Folge entweder einer Kategorie zugeordnet ist (zum Beispiel: Werte eine Polynomfunktion oder einer Potenzfunktion) oder – wie oben – wenn Möglichkeiten eines nächsten Folgegliedes angegeben werden.