Hast du schon mal Herrmann Hesse gelesen; das Glasperlenspiel? Hoooch spannend sag ich dir ... Natürlich taucht im Verlaufe des Romans so ziemlichj am Anfang die Frage auf: Was ist das eigentlich; das Glasperlenspiel?
Sinn gemäß antwortet Herrmann Hesse, die Endausscheidungen in Kastalien würden " landesweit übertragen " ( Dachte er schon an Fernsehen? ) Immerhin so viel wird klar, dass es sich um eine Art Thaiboxen auf geistiger Ebene handelt. Ein Kampf, ein Brillieren auf geistigem Gebiet - allerdings ohne Regeln - eben wie Thaiboxen. Man fühlt sich versucht zu fragen
" Wie geht ' Denken ' ? Kann mir einer erklären, wie man ' kreativ ' ist? Gibt es einen Algoritmus, um neue Ideen zu generieren? "
Offenbar nein. Denn etwas, was du voraus sehen kannst, ist ja keine Innovation.
Ja und dann kommt die einzige große Ausnahme.
JEGLICHE BESCHÄFTIGUNG MIT DEM FACH GESCHICHTE IST AUS KASTALIEN VERBANNT . Da wachen schon die Großmeister drüber ...
Ich liiiiiebe sie ja, diese Zen ===> Koans. Einige sind sogar von mir.
Die FAZ fragte, wie groß ist die Zahl aller Menschen, die je lebten, und der Redakteur gab selbst eine Schätzung ab: 77 Mrd .
Weißt du was ich denke? In einer Demokratie geht es nach dem Willen der Mehrheit; was wir, die Lebenden, erstreben, ist völlig bedeutungslos. Wir müssen immer erst diese 77 Mrd. fragen ...
außeerdem hat Konfuzius gesagt, man müsse die Ahnen ehren - und? Ist DAS ein Koan?
Habe ich dich richtig verstanden? Willst du ernsthaft Kinder bei der Einschulung zwingen, einen Überlebenskurs zu belegen, wie man in der Altsteinzeit überleben musste?
Jenes Raunen - es durchzieht die Bibel genau so wie die Artusromantik. Dass nämlich das Alte in allen Punkten besser sei als das neue. Nichts gegen ===> Rene Carol; echt toll kann der singen.
" Kein Weg kann weiter sein / Kein Weg kann schwerer sein
Als es die Heimkehr ist / In die Vergangenheit. "
Immerhin ein Schlager OHNE Herzschmerz ...
Dazu gibt es ja eine berühmte Parodie. Ich meine Don Quichotte - obgleich diese Geschichte noch mehr Dinge berührt, die hier eindeutig zu weit führen würden.
Kennst du übrigens die schlagendste Widerlegung dieses Historizismus? Ich meine das Kopernikanische Weltsystem.
Dieses System ist so Erfolg reich, der Art unwidersprochen, dass Esoteriker aller Couleur - und nicht erst seit Erich v. Däniken - etwa behaupten, in den Pyramiden seien mystische Mitteilungen verbaut, wonach schon die ägyptischen Priester Heliozentriker gewesen seien - und jene Ideologie ist gerettet, wonach die Alten mehr Weisheit besessen hätten als wir.
Du wirst es ja kennen; es ist nachgerade berühmt. Schiller musste in die Karlsschule; Seine Durchlaucht lassen antrteten zum Appell.
" Wird das Genie geboren oder erzogen? "
" Erzogen " war die erwartete Antwort. Heute in der " Reife " meines Alters ( Das Wort will einfach nicht zu mir passen ) weiß ich längst: Karl Eugen hatten Recht.
Ich habe nämlich die Schriften des britischen Altphilologen ===> George Thompson gelesen. Und nur durch Beachtung der Tesen dieses Thompson wurde aus mir ein nicht gänzlich ungenialer Hobby-Etnologe ...
Wie hielten es denn die von uns so bewunderten Griechen mit der " Historie " ?
Nun; ich habe sie gelesen, die Historien des Herodot ( okay; in deutscher Übersetzung. )
Nein Thompson hatte sich ( meines Wissens ) nirgends geäußert, welches Verhältnis die Griechen zur Geschichte hatten. Noch bevor ich eine Zeile gelesen hatte, fand ich mich inspiriert von Thompson
" Die Griechen waren ein durch und durch ununhistorisches Volk. Weiß der Teufel, was ' Historie ' bedeutet - Geschichte im modernen Sinne auf gar keinen Fall. "
Eins zu Null für Thompson; ich erfahre: Herodots Buchtitel bedeutet NACHFORSCHUNG .
Und Thompson inspirierte mich zu einer weiteren Entdeckung, die vor mir meines Wissens keinem aufgefallen ist.
Der Römer ist doch ganz typisch konservativ; das berühmte
" Wir wollen sein, wie die Väter waren. "
( Die Römer HATTEN Historiker, die ihre Aufgabe darin sahen, rom zu verherrlichen. )
" Oh Zeiten; oh der Sitten Verderbnis. Die Verhältnisse sind nur deshalb so schlecht, weil wir nicht mehr leben, wie die Väter lebten; ihre Gebote missachten. "
KEIN Grieche hat so etwas je von sich gegeben.
Warum? Weil es unvernünftig ist.
Was der Vater sagt, taugt im Allgemeinen nicht zur Richtschnur für eine allgemeine Philosophie.
Als ich noch ein Kind war, hatten wir einen Nachbarn: Fritz Rossner. Der nieste ständig " Peia " statt Hatschi, was dann begreiflicher Weise sein Spitzname wurde.
Man muss nun wissen, dass es zwischen Peia und meinem Dad zu einer richtig gehenden Gartenzwergneurose gekommen war - mit Schriftsätzen, Polizeiterminen und Schiedsmann ...
Und eines Tages tat der Peia etwas Sonderbares. In einem Laden für Witzartikel hatte er ein Schild erstanden; in beleidigender Absicht hängte er es für uns gut einsehbar an seiner Veranda auf:
" HERR VERGIB IHNEN; DENN SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN. "
Als Kind verstand ich das noch nicht so recht; mein Ateismus war eh manifest. Klar wusste ich, dass es sich um ein Bibelzitat handelt - aber was kümmete mich die Bibel? Daddy fragte mich ausdrücklich nach meiner Meinung, was man da tun solle. Meine lapidare Antwort: nix ...
Heute habe ich eine Kehrtwendung um 180 ° vollzogen. Wer kennt sie nicht, jene Irrenhauswitze, wo sich ( möglichst noch der Direktor der Anstalt ) für Gott hält?
Nein; das Schild besagt ja nicht, dass uns Peia für Idioten hielt. Es besagr, dass er, der nicht mal richtig niesen kann, SICH SELBST FÜPR DEN ERLÖSER HÄLT .
Was will ich mit dieser Story beweisen? Peia hatte zwar keine Kinder; aber gesetzt den Fall, er hätte welche. Jetzt stellen wir jene römische Maxime auf, seine Kinder sollten sich diesen Vater zum Vorbild nehmen, der nicht einmal die nötigsten etischen Grundwerte respektiert.
Jener oft beschworene Antagonismus zwischen Jerusalem und Athen - er reicht tiefer, als die Meisten vermeinen.
Das jüdische Denken beruft sich auf die ( angebliche ) Historizität von Abraham, Moses und David - und steht und fällt mit ihr.
Dagegen Athen und in seinem Gefolge der Hellenismus denkt wie gesagt völlig unhistorisch. Griechisches Denken brachte das erste moderne Mathematikbuch hervor - die Elemente des Euklid. Bis Heute dienen sie uns als Vorbild; was ein Euler im Lauf seines Lewbens tat oder nicht tat, darf nie Inhalt eines Matematiktextes werden.
Vielleicht ist historisches Denken aber in anderem Zusammenhang von Bedeutung. So brachten die Italiener in der Zeit bis zum 18. Jh. ja glänzende Wissenschaftler hervor; und ich wollte einfach bissele witzig sein und meinem italienischen Kollegen, dem Ingenieur " Osvaldo " aus Neapel, paar Komplimente machen.
" Buin giorno Conte Evangelista Torricelli. "
Jeden Tag sprach ich ihn mit einem anderen großen Namen an. Bis er dann sehr unwirsch reagierte ( Er hatte einen starken ausländischen Akzent, vermischt mit der Frankfurter Dialektaussprache, die er angenommen hatte. )
" Hier wenn's de mir noch einmal ansprichst ene mit der erfundene Name ene, knall isch dir eine in die Fres se. "
" So gar kein Respekt vor eurer großen Vergangenheit? Wie wäre es z.B. wenn du all die Namen zu Hause mal im Lexikon nachschlägst? "
" Isch duu doch nette nachsehen ene der Nam in die Lexikonne, wo du hast ebenene erfunne, um mir zu veraaschene ... "