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Mit der Verfügbarkeit digitaler Werkzeuge, welche nahezu alles beherrschen, was früher Gegenstand langer und mühevollere Mathematikstunden war, wird dem Kalkül bisweilen eine ganz neue Bedeutung zugewiesen. Wann immer dies geschieht, wird diese Zuweisung weder der Mathematik als Unterrichtsgegenstand noch der Rolle digitaler Rechenwerkzeuge gerecht. Ein Blick in die Geschichte der Mathematik verrät, dass der Mensch seit Jahrtausenden bemüht war, das Rechnen immer dann zu vereinfachen, wenn es dem Zweck einer konkreten Problemlösung dienen sollte. Schon die Babylonier hatten eine Vorgehensweise entwickelt, die es ihnen ermöglichte, ihre unhandlichen Zahldarstellungen im Rahmen von Multiplikationen zu verwenden. Auch konnten sie vielgliedrige Summen aufeinanderfolgender Vielfacher natürlicher Zahlen ohne viel Aufwand berechnen. Im vorigen Jahrtausend haben findige Maschinenbauer viel Knowhow darauf verwendet, mechanische Rechenmaschinen zu konstruieren, die das Multiplizieren vereinfachten. Curt Herzstark entwickelte beispielsweise in den 1940er Jahren mit der Curta I die kleinste serienmäßig hergestellte mechanische Vier-Spezies-Rechenmaschine der Welt. Sie wurde aber in den frühen 1970er-Jahren schnell von elektronischen Rechnern (HP-35) verdrängt. Und im Zuge dieser Verdrängung entwickelte sich eine Neubewertung des Rechnens im Rahmen des Mathematiklernens (der Begriffsbildung). Sicher musste der Umgang mit Rechenschieber oder Logarithmentafeln nicht mehr Gegenstand des Mathematikunterrichtes sein. Aber es war weder erforderlich noch sinnvoll eine differenzierte Unterscheidung des Rechnens in unterschiedlichen Zusammenhängen gleich mit über Bord zu werfen.

Neben dem Rechnen mit dem Ziel der Lösung eines konkreten Problems dient in der Schule das Rechnen auch dem Ziel, Mathematik zu verstehen und Begriffe mit Inhalten zu füllen. Um die Unterscheidung dieser beiden Anlässe des Rechnens verständlich zu machen seien zwei Beispiele genannt.
Aufgabe zum Rechnen zwecks Problemlösung: Für ein rechtwinkliges Dreieck ABC mit dem rechten Winkel bei C und dem Einheitskreis als Inkreis soll gelten |(\( \overline{AC} \) )|=2∙|(\( \overline{CB} \) )  |. Der Inkreis berührt die Hypotenuse in D. Wie lang ist (\( \overline{BD} \) )?
Aufgabe zum Rechnen zwecks Begriffsbildung (Begriff 'Lösungsformel für quadratische Gleichungen'): Warum hat x2+px+q=0  die Lösungen x= - \( \frac{p}{2} \)±\( \sqrt{(\frac{p}{2})^2-q} \) ?

Die erste Aufgabe wird von einem digitalen Werkzeug dann leicht gelöst, wenn sie zuvor auf ihren mathematischen Kern reduziert und in die vom digitalen Werkzeug verstandene Sprache übersetzt wurde. Für die Lösung von Aufgabe 1. werden die Katheten auf die Koordinatenachsen mit C(0|0) gelegt. Dann berechnet man B(√5/2+3/2|0) und D((2√5)/5+1|√5/5+1) sowie dem Abstand zwischen B und D mit einem digitalen Rechner. Die Aufgabe 2. löst das digitale Werkzeug ohne Antwort auf die Frage nach dem ‚Warum‘. Das ‚Warum‘ kann nur durch fundierte Kenntnisse im Kalkül beantwortet werden. Diese Rechnung muss nachvollzogen werden können:
x2+px+q=0 
x2+px=-q
x2+px+(p/2)2=-q+(p/2)2
(x+p/2)2=-q+(p/2)2
x+p/2=±√((p/2)2-q)

x= - p/2±  √((p/2)2-q).


Natürlich muss nicht bei der Lösung jeder quadratischen Gleichung dieser Rechenweg eingeschlagen werden. Es genügt letztlich, die p-q-Formel auswendig zu kennen und anzuwenden. Aber eine Mathematik, welche die Frage ‚Warum ist das so?‘ nicht beantwortet, bleibt unvollständig und zeigt ihr wahres Wesen nicht. Die moderne Forderung nach weniger Kalkül im Mathematikunterricht muss sorgfältig abgewogen werden und darf keine grundsätzliche Gültigkeit erhalten. Im Umfeld mathematischen Unterrichts muss klar unterschieden werden zwischen dem Rechnen im Zusammenhang mit einer Problemlösung und dem Rechnen zum Zwecke der Begriffsbildung. Diese Unterscheidung geschieht in der didaktischen Diskussion selten und man kann den Eindruck gewinnen, dass die Notwendigkeit dieser Unterscheidung vielen mit dem Mathematiklehren und -lernen befassten nicht wirklich bewusst ist.

geschlossen: Wissensartikel
von Roland
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Die Frage

Warum hat x^2+px+q=0  die Lösungen x= - \( \frac{p}{2} \)±\( \sqrt{(\frac{p}{2})^2-q} \) 


würde ich doch eher unter Zuhilfenahme eines von chinesischen Wissenschaftlern entdeckten Geheimverfahrens namens "Plobe" beantwolten.

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