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Im Zuge des immer umfassenderen Einsatzes digitaler Werkzeuge beim Lehren und Lernen von Mathematik hält zum Beispiel der australische Erziehungspsychologe John Sweller eine neue didaktische Theorie für notwendig. Er nennt sie ‚Cognitive Load Theory‘ (CLT; Deutsch: Theorie der kognitiven Belastung). Die Frage, ob nicht zur Didaktik der Mathematik bereits dermaßen viele Theorien entwickelt wurden, dass ‚große Hoffnungen auf eine Erziehungswissenschaft von Komplexität erdrückt und in einem Meer konkurrierender Theorien ertränkt wurden‘ (Zitat: Lynn Artur Steen), darf gestellt werden. Als Stoffsammlung zu der Antwort auf diese Frage wird hier folgendes genannt:


Generell ist der Einsatz digitaler mathematischer Werkzeuge dann sinnvoll, wenn er einen Beitrag zum Lehren und Lernen von Mathematik leistet, indem er in besonderer Weise erlebbar macht, wie mathematisches Wissen gewonnen wird. Das heißt im Einzelnen, wenn das digitale Werkzeug
- den Erwerb algebraischer Kompetenzen unterstützt,
- die Begriffsbildung unterstützt,
- Rechnungen und Veranschaulichungen so verkürzt oder vereinfacht, dass das Wesentliche im Blick bleibt,
- rekursive Beschreibungen von Sachverhalten in zusätzliche Darstellungen überführt,
- Datenmengen zwecks Gewinnung von Beweisideen oder Erhärtung von Hypothesen (etwa durch Mustererkennung) generiert,
- Algorithmen aufgeschlüsselt (auch wenn diese in CAS oft bereits implementiert sind),
- Repräsentationswechsel zwecks Gewinnung von Beweisideen oder Erhärtung von Hypothesen auf Knopfdruck ermöglicht.


Der Einsatz digitaler mathematischer Werkzeuge ist dann nicht sinnvoll, wenn er
- dazu beiträgt, Rechenregeln und -gesetze sowie Regeln der Termumformung oder Gleichungslehre zu verschütten oder mangels Übung zu vergessen,
- Anwendungen unterstützt, die konstruiert oder unrealistisch sind,
- den Glauben stärkt, der Computer ersetze kognitive Leistungen und liefere Königswege zur Problemlösung,
- die Kenntnis oder Beherrschung standardisierter mathematischer Verfahren und Algorithmen verschüttet,
- das Begriffsverständnis erschwert, aufweicht oder Begriffe verschüttet,
- die suggestive Kraft der Präsentationen durch digitale Werkzeuge das Beweisbedürfnis verhindert,
- das hilfsmittelfreie Erkennen von Mustern ersetzen soll.

Im Zusammenhang mit dem Einsatz digitaler Werkzeuge ist nicht selten von Denkhandlungen und kognitiver Aktivierung die Rede. Kognitive Handlungen sind
- das Erkennen und Beschreiben von Mustern in Datenmengen, Graphenscharen oder in Strukturen und Formeln,
- der Wechsel zwischen Repräsentationen zwecks Gewinnung von Lösungs-/Beweisideen oder zwecks Entwicklung von Hypothesen,
- das verstehende Lesen und Schreiben in der Sprache der Mathematik inklusive ihrer eigenen Stenografie,
- Das Vervollständigen von Begriffen sowie ihr Einbau in weiterführende Gedanken (Peirce: hypostatische Abstraktion),
- Rückführung subjektiv neuen Wissens auf bereits verfügbares Wissen,
- Formulieren, Erhärten oder Beweisen von Hypothesen.

Bevor man neue Theorien entwickelt, sollte man darüber nachdenken, welche kognitiven Handlungen an digitale Werkzeuge delegiert werden können, ohne dass das verstehende Lernen von Mathematik auf der Strecke bleibt..

geschlossen: Wissensartikel
von Roland
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