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Eine besondere Software mit dem Namen Computer-Algebra-System (CAS) hält heute Einzug in den Mathematikunterricht. CAS formt mathematische Ausdrücke nach den Regeln der Algebra um. Ergebnisse werden je nach Wunsch exakt oder angenähert wiedergegeben. Angesichts derartiger Möglichkeiten stellen sich drei Fragen:

1. Was waren in der Zeit ohne digitale Werkzeuge die Ziele des Mathematikunterrichtes?
2. Welche dieser Ziele behalten oder verlieren ihren Sinn mit der verbindlichen Einführung von CAS in der Mathematikunterricht?
3. Müssen wir jetzt andere Fragen stellen, als in der vordigitalen Zeit und dem Mathematikunterricht neue Ziele geben?


Die Didaktiker Heinrich Winter und Lisa Hefendehl-Hebecker formulierten schon in vordigitaler Zeit ein globales Lernziel von Mathematikunterricht: ‚Mathematikunterricht soll erlebbar machen, wie mathematische Wissensbildung geschieht.‘ Leider hat sich dieses Lernziel in der Vergangenheit nicht überall explizit in der didaktischen Literatur und vor allem nicht im real praktizierten Mathematikunterricht niedergeschlagen. Mit der Verfügbarkeit von CAS scheint die Zeit gekommen, sich an dieses globale Lernziel zu erinnern und es zum Ausgangspunkt zu wählen, um die oben gestellte Frage 2 zu beantworten.

Wer mathematische Wissensbildung erleben soll, muss in den Stand versetzt werden
- mathematische Muster und Strukturen zu erkennen und zu beschreiben,
- mathematische Sachverhalte in verschiedenen Repräsentationsformen darzustellen,
- die Sprache der Mathematik in Wort und Schrift zu beherrschen und Umgangssprache in die Sprache der Mathematik zu übersetzen. Soweit CAS eine Modifizierung der Sprache der Mathematik erfordert, ist auch diese zu beherrschen,
- Begriffe der Mathematik mit Inhalten zu füllen und so zu verdichten, dass sie Gegenstände weiterführender mathematischer Gedanken werden können,
- mathematische Hypothesen zu erhärten und zu beweisen.


Dies sind im Wesentlichen diejenigen Ziele des Mathematikunterrichtes, die auch nach der Einführung von CAS erhalten bleiben. Aber wenn all diese nun mit CAS-Einsatz kombiniert und umgesetzt werden sollen, müssen ganz neue Konzepte für den Mathematikunterricht entwickelt werden. Darauf hatte die Fachgruppe Computeralgebra der GI bereits im März 2012 in ihrem Computeralgebra-Rundbrief hingewiesen:


Das CAS kann beim Erwerb algebraischer Kompetenzen eingesetzt werden. Dazu müssen insbesondere in der Sekundarstufe I neue Konzepte entwickelt werden. Es fehlt aber noch an konkreten und evaluierten Unterrichtsszenarien für den CAS-Einsatz beim Prob-lemlösen. Ebenso fehlen Kriterien für die Erstellung von geeigne-ten Aufgaben für den CAS-Einsatz in Unterricht und Prüfungen. Wir benötigen also didaktisch reflektierte und methodisch durch-dachte Lernumgebungen für die neuen technischen Möglichkei-ten[, …]. Dazu gehört schließlich auch die Sensibilisierung der Lernenden für die Entscheidung, was sie noch im Kopf berechnen und lösen können sollten und was sie dem CAS überlassen.


Auch ohne jedes derartige Konzept haben manche Bundesländer das CAS verbindlich im Mathematikunterricht eingeführt und auch Handreichungen für die Lehrer*innen dazu herausgegeben. Manche dieser Handreichungen zeigen allzu deutlich, dass man sich in Bildungsbehörden über den Sinn des Einsatzes digitaler Werkzeuge keine grundlegenden Gedanken macht. Die bisher von Schulbuchautoren und Didaktikern herausgebrachten Unterrichtsmaterialien zeigen überwiegend zwei Mängel:
- Sie erfinden Anwendungen, die nicht realistisch sind.
- Sie lassen nicht erkennen, welchen Beitrag CAS im Gegensatz zu vordigitalen Möglichkeiten zur Problemlösung leisten soll.

Außerdem sollte man die Aussage vom Professor Joseph Weizenbaum im Hinterkopf behalten, der als das kritische Gewissen der Informatik galt und schon 1972 vorhergesehen hat: „Der meiste Schaden, den der Computer potenziell zur Folge haben könnte, hängt weniger davon ab, was der Computer tatsächlich kann oder nicht kann, als vielmehr von den Eigenschaften, die das Publikum dem Computer zuschreibt.“ Im Bereich schulischer Bildung ist zu ergänzen: „… und von der Art und Weise des Umgangs mit dem Computer.“

In der Bildungspolitik sieht man die digitalen Werkzeuge in wahlweise als Rechenknechte oder als Königswege zur Problemlösung. Vor allem die in der Einschätzung als Rechenknecht liegende Untertreibung hat dazu geführt, dass der Mehrwert des Computers im Mathematikunterricht nicht immer erkannt wurde und vermutlich keine Aufgabensammlung existiert, die diesen Mehrwert abbildet. Natürlich kann ein*e Lehrer*in sich aus geeigneten Quellen die jeweils erforderlichen Aufgaben heraussuchen. Hier bietet sich besonders der Computeralgebra-Rundbrief der Fachgruppe Computeralgebra der GI an. Hier hat man erkannt, dass Computer viel mehr sind als Rechen- und Lösungsautomaten. Aufgaben mit dem Ziel eines sinnvollen CAS-Einsatzes fin-det man insbesondere dann, wenn man der Frage nachgeht: Wie haben Mathematiker in der vordigitalen Zeit Probleme gelöst, welche heute CAS in Sekunden bewältigt? Die Frage zielt auf das Wissen um Hintergründe, das dann zu Urteilsfähigkeit, Wertschätzung und Anlage eines Erfahrungsschatzes führt. Die Betonung liegt auf Zusammenhangswissen, kritischem Denken und selbstständigem Erfahren. Auch dazu kann der Computer ein wertvolles Werkzeug sein.

Auf der Suche nach Aufgaben, die Schülerinnen und Schülern helfen, einen Zugang zur Mathematik zu finden oder mathematische Probleme aus ihrer Erfahrungswelt zu lösen und dabei einen CAS-Einsatz sinnvoll erscheinen lassen, stellt man sehr schnell fest, dass fast alles, was in der vordigitalen Zeit Schulstoff war, heute mittels CAS-Einsatz in kürzester Zeit erledigt werden kann. Funktionale Zusammenhänge werden auf Knopfdruck verarbeitet und repräsentiert. Das Entwickeln oder Herleiten von Graphen, Ableitungen und Integralen war einmal zentraler Inhalt der Oberstufenanalysis. Die exakte oder näherungsweise Bestimmung von Nullstellen begann früher in der Mittelstufe und lässt sich heute an CAS delegieren.
CAS gibt das Ergebnis der Gleichung x2=2 wahlweise mit ±1.414213562 oder mit x = ± √2 an. Früher war das Heronverfahren Gegenstand des Mathematikunterrichtes – aber was soll das heute? In welchen Situationen der Vermittlung von Mathematik soll jetzt noch CAS eine Rolle spielen? Auf der Suche nach Antworten ist zunächst folgendes festzuhalten: Nützlich ist der Einsatz von CAS im Mathematikunterricht dann, wenn
1. Wirkungen der Veränderung einzelner Parameter auf ein Ge-samtsystem anschaulich macht,
2. große Anzahlen von Beispielen zur Erhärtung einer Hypothese dienen können,
3. mühselige und zeitraubende Rechnungen oder Veranschauli-chungen (z.B. wegen ihrer Komplexität) vom eigentlichen Gedan-kengang ablenken, und womöglich unerwünschte (Rundungs-)Fehler mitschleppen (Entlastung des Arbeitsgedächtnisses),
4. das Nachschlagen in einem Tafelwerk erspart wird (sofern Tafel-werke überhaupt noch vorliegen),
5. die rekursive Beschreibung eine Sachverhaltes repräsentiert wer-den soll oder nur rekursive Verfahren zur (näherungsweisen) Be-stimmung von Lösungen zur Verfügung stehen. Die meisten Re-kursionen sind allerdings in CAS implementiert,
6. im Rahmen der Begriffsbildung das CAS einen Teilaspekt des Be-griffes besser verdeutlicht als jedes andere Hilfsmittel oder einen zusätzlichen Blick auf den Begriff ermöglicht,
7. die Frage beantwortet werden soll: Wie wurde dies Problem in der vordigitalen Zeit gelöst?


Zu jedem dieser sieben Punkte soll beschrieben werden, welche Chancen und welche Risiken hinsichtlich des Erfolges bei der Vermittlung von Mathematik darin liegen. (Weiterlesen im Kommentar)


geschlossen: Wissensartikel
von mathelounge
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Zu 1: Bedeutung von Parametern anschaulich machen
Die Darstellung verschiedener Graphenscharen mit Hilfe des CAS, verdeutlicht dem/er Schüler*in nachhaltig, welche Bedeutung bestimmte Parameter der Funktionsgleichung haben.
Bevor man allerdings Graphen elektronisch bereitstellt, muss je-dem Schüler und jeder Schülerin völlig klar sein, wie man die Graphen auch im vorelektronischen Zeitalter gewinnen konnte. In der heutigen Oberstufe wissen viele Schülerinnen und Schüler nicht, wie man zu einer durch einen Term gegebenen Stelle x = Term den zugehörigen Funktionswert f(Term) findet, ja nicht einmal, was f(a) überhaupt bedeutet und dass man das Ganze „f von a“ und nicht etwa „f mal a“ liest. Eine Schülerin oder ein Schüler mit derartigem Mathematikverständnis sagt ohne rot zu werden: „Der Graph einer Funktion ist das, was im Grafikfenster erscheint, wenn ich den Funktionsterm eingebe und dann auf Graph drücke.“ Das kann aber nicht das Ziel unseres Mathematikunterrichts sein.


Zu 2.: Hypothesen vermuten, widerlegen oder erhärten
Unsere Schulmathematik wird zunehmend ärmer an Themen, bei denen es um Hypothesen geht, die vor allem nach Berechnung ei-ner großen Datenmenge gefunden werden können und bei denen dann ein digitaler Rechner eine große Bereicherung darstellt. Hier liegt ein eigenartiger Widerspruch, dem kein Didaktiker bisher auf den Grund gegangen ist: Wenn die elektronischen Hilfsmittel für die Mathematik immer wichtiger werden, dann doch gerade in diesem Zusammenhang, der aber immer stärker aus dem Stoffplan verdrängt wird.
Es seien einige Beispiele genannt auf die Gefahr hin, dass kein Be-zug (mehr) zum realen Unterrichtsgeschehen existiert:
• Summenformeln für Reihen können zum Beispiel gefunden wer-den, indem man einer zuvor berechneten Teilsummenfolge ein Muster ansieht.
• Über Grenzwerte unendlicher Folgen und Reihen können anhand ihrer graphischen Darstellung sinnvolle Vermutungen aufgestellt werden.
• Dass die Längen von Diagonale und Seite eines Quadrats inkom-mensurabel sind, zeigt uns ein primitives Computerprogramm ein-dringlicher als alle Theorie.
• Auch das Entdecken und Verstehen sowie die Entwicklung von Ver-fahren in der elementaren Zahlentheorie werden durch digitale Werkzeuge wesentlich erleichtert.
Beim Letztgenannten denke man vor allem an modulare Betrach-tungen. Es gab Zeiten, in denen war der Begriff „Restgleichheit“ Unterrichtsgegenstand in der sechsten Klasse. Heute werden nicht einmal mehr Teilbarkeitsregeln erwähnt. Denn wir haben einen Knecht, der uns die Frage der Teilbarkeit in jedem Falle zuverlässig beantwortet. Aber soll sich nun wirklich Mathematikunterricht da-ran orientieren? Und passt das zu der großen Bedeutung, welche die modulare Arithmetik in jüngster Zeit gewonnen hat?


Zu 3.: Entlastung
Die Aufgabe 3,4561 · 7,2487 kann auch mit CAS gelöst werden, ohne dass die Mathematik dabei Schaden nimmt. Die Größenord-nung des Ergebnisses allerdings sollte feststehen, bevor ein Hilfs-mittel eingesetzt wird. Vom mathematischen ebenso, wie vom praktischen Standpunkt aus betrachtet, ist das genaue Ergebnis sogar uninteressanter als seine Größenordnung. Dass heute Schülerinnen und Schüler dazu neigen, jede noch so einfache Aufgabe mit Hilfe eines digitalen Werkzeugs zu rechnen, mag man bedauern, ist aber noch keine mathematische Sünde. Unverzeihlich wird die Sache erst dann, wenn unmittelbar sichtbare Ergebnisse (25 : 2,5 = 10) nicht gesehen werden und die dann einsetzende Tipperei von der eigentlichen Aufgabe ablenkt (ganz zu schweigen von der bedenkenlosen Weiterverwendung von Zwischenergebnissen, die durch Rundungen entstehen oder die sogar durch Bedienungsfehler entstellt wurden). Auch darf die intellektuelle Leistung, die darin liegt, ein Ergebnis zu „sehen“, nicht unterschätzt werden. Dieses „Sehen“ findet auf allen Ebenen statt und ist ein entscheiden-der Wesenszug des Mathematik-Treibens.


Rechengesetze müssen beherrscht werden, auch dann, wenn das Rechnen das CAS übernimmt. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe: Zum einen müssen die Rechengesetze als Mittel zur Rechenvereinfachung begriffen werden (man denke an den jungen Gauß und seine Summenformel für die ersten 100 natürlichen Zahlen). Zum zweiten benötigt man alle Regeln und Gesetze, die für Zahlen gelten im Rahmen der Schullaufbahn irgendwann auch für Terme (man denke an die Umformung eines Differenzenquotienten zum Zwecke der Grenzwertbetrachtung auf dem Weg zum Differentialquotrienten). Gerade hier könnte die Einführung von CAS in den Mathematikunterricht zu der Auffassung verleiten, dass die Regeln und Gesetze gar nicht mehr beherrscht werden müssen. Dann al-lerdings muss man die Frage vergessen: Wie wurde das in der vor-digitalen Zeit bewältigt? Darüber hinaus macht CAS nur Vorschläge zur Umformung, ohne dass die gewünschte oder aufschlussreiche Umformung in jedem Falle angeboten wird.

Zu 4.: Tafel-Ersatz
Die Zeiten der logarithmischen Berechnung trigonometrischer und anderer Größen sind mit der Einführung digitaler Werkzeuge im Mathematikunterricht vorbei und das ist auch gut so. Die allermeisten Wurzeln, Logarithmen, Sinus- und Kosinuswerte kennt niemand auswendig und ihr Nachschlagen in einer Tafel ist auch nicht geistreicher als ihr Aufruf im Display eines Rechners. Allerdings gilt hier fast das Gleiche wie im Absatz zuvor: Die Wurzel aus 64 und den Logarithmus von 8 zur Basis 2 muss schon deshalb ‚gesehen‘ werden können, weil auf diese Weise der Nachweis erbracht wird, die Begriffe „Wurzel“ oder „Logarithmus“ und deren mathematischen Gehalt wirklich verstanden zu haben. Es kann außerdem nicht schaden, geometrische Figuren zu kennen, welche bestimmte Sinus-, Kosinus- und Tangenswerte evident machen (30°, 45°, 60°, 90° und so weiter).


Zu 5. Rekursion
Rekursive Verfahren gewinnen mit Recht an Bedeutung. Computer und Taschenrechner sind hier die idealen Hilfsmittel und vor allem durch sie konnte die Bedeutung der Verfahren so groß werden. Nullstellen von Funktionsgraphen – um nur ein Beispiel zu nennen – lassen sich heute problemlos mit hoher Genauigkeit bestimmen. Dennoch sollten Schüler weiterhin in der Lage sein, die Nullstellen linearer Graphen und quadratischer Parabeln auch exakt und ohne Computereinsatz zu bestimmen.
Schüler sollen auch und gerade in diesem Zusammenhang lernen, unter verschiedenen Methoden sachgerecht auszuwählen und die Ergebnisse – etwa hinsichtlich ihrer Genauigkeit – zu bewerten. Als Lösung der Gleichung x² + 2x = 1 geben Schülerinnen und Schüler gern auch die Zahl 0,4142135623 an. Man sollte ihnen klar machen, dass dieses Ergebnis (auch hinsichtlich seiner Genauigkeit) von mathematisch geringer Qualität ist.
Rahmenrichtlinien und Kerncurricula verzichten heute einfach auf Themen aus dem „klassischen“ Mathematikunterricht, wie z. B. die propädeutische Elementare Zahlentheorie. Wer der Frage nach dem gemeinsamen Teiler großer Zahlen aber ausweicht, weil der Taschenrechner die Brüche addiert, beraubt die Schüler einer ganzen Reihe damit zusammenhängender tiefgreifender Erkenntnisse und Entdeckungen. Gerade die Entdeckung und Anwendung rekursiven Denkens bietet sich beim Thema „größter gemeinsamer Teiler“ unmittelbar an und steigert die Methodenkompetenz selbst junger Schülerinnen und Schüler ganz wesentlich. Generell bietet die Zahlentheorie ein weites Feld für Entdeckungen durch Schüler*innen.


Zu 6. Begriffsentwicklung
Der Begriff ‚irrational‘ zum Beispiel lässt sich mittels CAS-Einsatz besser verstehen, als dies mit den herkömmlichen Werk-zeugen erreichbar war. Das Gleiche gilt für Begriffe aus der Infinitesimalrechnung (Grenzwert, Steigung, Krümmung, Flächeninhalt, Differenzial). Vor jedem Kalkül muss die Wahl des besten Werkzeuges (Kopf oder Rechner) erfolgen. Rechenvereinfachungen werden nicht vom Rechner angeregt, sondern finden im Kopf statt. Rechengesetze dienen in erster Linie der Rechenvereinfachung und können durch den Rechner verschüttet werden, obwohl sie erlebbar machen könnten, wie mathematisches Wissen (auch Begriffswissen) gewonnen wird.


Zu 7. Historisches Interesse
Wie schon gesagt muss die Frage erlaubt sein: ‚Wie haben Mathematiker in vordigitalen Zeiten dieses oder jenes Problem gelöst?‘ Im Rahmen von Antworten auf derartige Fragen wird sehr viel über die Mathematik erfahren – insbesondere über das innerste Wesen der Mathematik und des Mathematik-Treibens. Wer nichts über dieses Wesen erfährt, kann die Mathematik schon deshalb nicht lieben, weil er zu wenig über sie weiß.

Die meisten Menschen haben heute folgendes verfehlte Bild von der Mathematik:
- Sie ist fertig vom Himmel gefallen und muss auswendig gelernt werden wie die Vokabeln einer Fremdsprache, die Zuordnung historischer Ereignisse zu Geschichtszahlen oder die geographische Benennung von Objekten auf unserer Erdoberfläche.
- Früher waren Stift, Papier, Tafelwerke und Rechenschieber die mathematischen Werkzeuge, heute ist es der Computer.
Dieses verfehlte Bild bedarf dringend der Korrektur.

Eine Ablehnung digitaler Werkzeuge im Mathematikunterricht hieße, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Digitale Werkzeuge können zu einer wunderbaren Bereicherung des Mathematikunterrichtes beitragen. Zwei wichtige mathematische Tätigkeiten, nämlich ‚Mustererkennung‘ und ‚Repräsentationswechsel‘ erfahren durch den Rechner eine wertvolle Unterstützung. Rechner können große Datenmenge liefern, die etwa iterativ entstehen und denen ein explizites Muster innewohnt, das es zu entdecken und zu beweisen gilt. Rechner beherrschen den Repräsentationswechsel auf Knopfduck (Punktmenge, Graph, Funktionsterm/-gleichung) was das Finden von Beweisideen begünstigt.

Wenn man digitale Werkzeuge nicht zu Rechenknechten degradiert, sondern sie in ihrer Mächtigkeit wahrnimmt, könnten sie einen Mehrwert für den Mathematikunterricht liefern. Und selbstverständlich soll die Aufgabe √19·sin(32,5°) unbedingt mit dem digitalen Werkzeug ge-löst werden. Die Verfügbarkeit von CAS (und DGS) im Mathematikunterricht welche z. B. komplizierte Formeln auf Kopfdruck vereinfachen oder Skizzen dynamisch verändern kann und so den Weg zu weiteren Überlegungen und Entdeckungen ebnet und das Erlebnis mathematischen Wissens-gewinns vermittelt, ist zu begrüßen. Längst überfällig ist das Anlegen einer Sammlung von Aufgaben, für deren Lösung sich CAS in besonderer Weise eignet. Der Verfasser diese Artikels sammelt solche Aufgaben und ist für Anregungen dankbar.


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