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Im Zusammenhang mit den Lösungsmethoden von Gleichungssystemen wird SuS vermittelt, dass man Gleichungen addieren darf. Welche zusätzliche Information bezüglich der damit gewonnenen Lösungsmenge wird dann wesentlich?

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dass man Gleichungen addieren darf

Was ist damit genau gemeint?

OK, "Gleichungen" verstehe ich, "addieren" ebenfalls, aber "darf" verstehe ich nicht.

Anders gefragt: Bei Anwendung des Additionsverfahrens werden Gleichungen addiert. Hat die damit gewonnene Gleichung die gesuchte Lösungsmenge?

Nächste Frage : was bedeutet "hat" ?

(I) f(x) = a habe die Lösungsmenge L1, (II) g(x) = b habe die Lösungsmenge L2.

Bezeichnet (I)+(II) die Summe f(x)+g(x) = a+b , dann haben die Gleichungssysteme (I) & (II) oder auch (I) & ((I)+(II)) oder auch (II) & ((I)+(II)) oder auch (I) & (II) & ((I)+(II)) jeweils die Lösungsmenge L = L1∩L2.
(I)+(II) alleine hat eine Lösungsmenge L3 mit L ⊆ L3.

Hat die damit gewonnene Gleichung die gesuchte Lösungsmenge?

Nein - aber IMHO ist die Lösungsmenge des Gleichungsystems eine Teilmenge der Lösungsmenge der gewonnenen Gleichung. Im Falle von nicht überbestimmten Gleichungsystemen vemute ich, dass es auch eine echte Teilmenge ist.

Ich weiß aber nicht worauf Du hinaus willst!?

Werner, es geht mit um den Satz: Die Summenbildung von Gleichungen eines Systems ist keine Äquivalenzumformung. Dieser Satz ist offensichtlich vielen Schülern unbekannt.

Die Summenbildung von Gleichungen eines Systems ist keine Äquivalenzumformung.

Ehrlich gesagt wußte ich das auch nicht. Kannst Du ein Beispiel nennen, bei dem das sichtbar wird.

@Werner-Salomon

(1)        \(\begin{aligned}x+y&=1\\x-y &= 1\end{aligned}\)

Lösungsmenge von (1) ist \(\{(1,0)\}\).

Addiert man die Gleichungen aus (1), dann bekommt man

(2)        \(2x = 2\).

Lösungsmenge von (2) ist \(\{1\}\). Erinnert man sich daran, dass ja auch das \(y\) einen Wert haben will, dann ist \(\{(x,y)| x=1\}\) die Lösungsmenge von (2).

Für Werner:

System:

(1) 2x-y=5

(2) x+2y=5

Summenbildung:

(1)+(2) 3x+y=10 hat neben der Lösung des Systems unendlich viele weitere Lösungen.

Addiert man die Gleichungen aus (1), dann bekommt man

(2)        \(2x = 2\).

Ja klar - es ist ja nun nicht so, dass ich das nicht wüßte. Aber man verliert doch nicht (1). Das bleibt doch stehen!

Und genau darauf muss man die Kinder hinweisen.

Und genau darauf muss man die Kinder hinweisen.

Muss man das? Ich persönlich wäre nie auf die Idee gekommen.

Ich hatte als Schüler eher das Problem, dass ich plötzlich aus \(n\) Gleichungen \(n+1\) gemacht habe und dann keine der anderen gestrichen habe. Worauf sich dann alles z.B.: nach \(0=0\) aufgelöst hat ;-)

(2) heißt doch genau genommen 2x + 0y = 2 und hat immer noch eine Lösung in ℝ^2

2x + 0y = 2 hat unendlich viele Lösungen in ℝ2, zum Beispiel (1, 0), (1, 1), (1, 2), ...

Meine Kritik bezog sich auf deinen Satz  Lösungsmenge von (2) ist \(\{1\}\)

Die Summenbildung von Gleichungen eines Systems ist keine Äquivalenzumformung.

Das Problem stellt sich nicht in der Schule. Wer sollte auf diese Idee kommen, wenn er die klassischen Verfahren vermittelt bekommt? Wo kommt so eine Summenbildung bei Gleichungen vor?

Wie Roland bereits sagte: beim Additionsverfahren zum Lösen von linearen Gleichungssystemen. Ist Schulstoff.

Ist Schulstoff.

Ja, das ist mir bewusst. Doch stellen sich diese Probleme gewöhnlich nicht.

Wenn ich eine Variable gefunden habe, setzt man sie ein in eine der Gleichungen:

x= 1 eingesetzt:

1+y= 1

y= 0

1-y= 1

y= 0

Man ermittelt immer beide Werte, außer man vergisst es am Ende.

Oder hier:

System:

(1) 2x-y=5

(2) x+2y=5

Hier würde doch kein Schüler addieren ohne vorher z.B. die 1. Gleichung mit 2 multipliziert zu haben. Es sind m.E. konstruierte Scheinprobleme, die so gut wie nicht vorkommen.

außer man vergisst es am Ende.

Passiert nicht zu selten. Wenn das Thema neu ist, dann wird der Wert der zweiten Variable sogar oft systematisch nicht berechnet.

Hier würde doch kein Schüler addieren ohne vorher ...

Doch, das würden sie.

Woher kommt dein Vertrauen in die mathematische Kompetenz der Schüler?

Doch, das würden sie.

Wieviel von 100? Wie kommt einer auf die Idee? Welche Verwechslung liegt dann vor?

Ich lese das hier zum 1. Mal. Wenn die üblichen Verfahren richtig vermittelt wurden, wer sollte dann auf diese Idee kommen? Das läuft doch nach einem Schema ab, warum sollte es jemand verlassen?

Woher kommt dein Vertrauen in die mathematische Kompetenz der Schüler?

Das, was er einfach findet, traut er grundsätzlich auch jedem Schüler zu, ohne die Realität zu kennen, da er nicht in der Lehre tätig ist. Es gibt leider auch einen Haufen Lehrer, die dieselbe Eigenschaft besitzen, was dann zwangsläufig dazu führen muss, dass diese Lehrer gänzlich ungeeignet in der Wissensvermittlung sind.

@simple mind: Es reicht einfach schon das fehlende Verständnis des Verfahrens. Eine korrekte Vermittlung reicht nicht aus, wenn man derartige Verfahren nicht vorher selbst eingeübt hat. Nur weil etwas nach Schema F abläuft, heißt es noch lange nicht, dass jeder Schüler dieses Verfahren auch verinnerlicht hat und sofort alles fehlerfrei macht.

Es reicht einfach schon das fehlende Verständnis des Verfahrens.

Dafür ist das Üben da. Offenbach fehlt es dazu oft an der Zeit und wohl auch Motivation. Übung macht den Meister. Die Frage ist: Wann kann man von Verinnerlichung sprechen? Wenn ich es im Schlaf kann?

Zeit dürfte das kleinste Problem sein. Die Schüler haben einfach keine Lust. Und aufgrund der Nachmittagsschule in vielen Teilen, halten sich die Hausaufgaben auch immer wieder in Grenzen. Aber selbst wenn es genügend Hausaufgaben gäbe, wüssten wir, dass der Großteil diese gar nicht bearbeitet oder falsch bearbeitet und es dann auch nicht weiter kontrolliert wird.

Verinnerlicht hat man es, wenn man das Verfahren ohne Nachzuschauen und längeres Überlegen (damit meine ich jetzt nicht das Rechnen an sich) durchführen kann.

simple mind: Einen mathematischen Zusammenhang hat man verinnerlicht, wenn man jede Frage: 'Warum gilt das - warum führt das zum richtigen Ergebnis?' einschließlich aller Nachfragen beantworten kann. Hast du das je erlebt?

Die Schüler haben einfach keine Lust.

Das ist das größte Problem. Ohne Motivation geht es nicht.


'Warum gilt das - warum führt das zum richtigen Ergebnis?' einschließlich aller Nachfragen beantworten kann. Hast du das je erlebt?

Da müsste ich länger nachdenken. Irgendeine Nachfrage kommt meist doch und sei es nur wegen Missverständnissen oder Begrifflichkeiten. Manche frage auch aus Scham nicht nach.

simple mind: Beim Nachdenken helfe ich dir: Warum kann man quotientengleiche Zahlenpaare im Koordinatensystem auf einer Geraden darstellen?


y= mx

y/x = m = constant

Die Steigung ist in jedem Punkt dieselbe.

Jetzt hast du den Begriff "quotientengleiche Zahlenpaare" verinnerlicht. Ob du das auch im Schlaf gekonnt hättest, weiß ich nicht - spielt auch keine Rolle.

Warum kann man quotientengleiche Zahlenpaare im Koordinatensystem auf einer Geraden darstellen?

Ähnlichkeitssatz SWS.

BTW. der erste Kaffe ist noch nicht ausgetrunken, also schlafe ich eigentlich noch.

2 Antworten

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Hat die damit gewonnene Gleichung die gesuchte Lösungsmenge?

Alle Verfahren zum Lösen linearer Gleichungssyteme haben als Teilziel, aus einer Gleichung eine Variable zu eliminieren. Insbesondere fällt keine Gleichung weg. Stattdessen wird eine der Gleichungen durch eine andere ersetzt.

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oswald, ich hoffe natürlich, dass genau dies den SuS vermittelt wird. Stattdessen wird in der Behandlung des Additionsverfahrens die Addition von Gleichungen gelehrt.

Ich habe bis jetzt noch keinen Zusammenhang zwischen dem Lösungsverfahren und der Häufigkeit der mir präsentierten halbfertigen Lösungen feststellen können.

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Dann kann ich ja doch meine gestern schon vorbereitete Antwort posten (sie wird ja zum Glück gespeichert). Habe sie aber nicht geschrieben, da mir die genaue Intention von Roland nicht klar war, da es eigentlich offensichtlich ist, dass die Summe der Gleichungen natürlich nicht als eigenständiges neues Gleichungssystem betrachtet wird und ich kenne auch bis heute niemanden, der das so macht, da an sich jeder Lehrer vermittelt, die alte Gleichung mit abzuschreiben.

Die Addition von Gleichungen ist nur dann zulässig, also eine Äquivalenzumformung, wenn sich dadurch die Lösungsmenge nicht ändert. Die neue Lösungsmenge muss also auch Lösungsmenge des vorherigen Gleichungssystems sein. Berücksichtigt werden muss auch, dass man mit der Summe der Gleichungen lediglich eine neue Gleichung für das System erhält und diese Gleichung nicht für sich alleine betrachtet werden darf, da sie in der Regel eine andere Lösungsmenge besitzt.

Das System

\(x+y=0\)

\(x+y=1\)

hat offensichtlich keine Lösung. Die Summe liefert aber \(2x+2y=1\), wofür man tatsächlich unendlich viele Lösungen finden kann. Fügt man diese Gleichung aber dem System hinzu, hat es nach wie vor keine Lösung.

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Die Addition von Gleichungen ist nur dann zulässig, also eine Äquivalenzumformung, wenn sich dadurch die Lösungsmenge nicht ändert.

Tut sie auch in Deinem Beispiel nicht. Und ich kenne auch keinen Fall, wo das passiert.

Die Lösungsmenge für Dein Beispiel System ist leer - also \(\mathcal{L}_s = \emptyset\) und die Lösungsmenge \(\mathcal{L}_a\) für \(2x+2y=0\) ist nicht leer. Demnach gilt$$\mathcal{L}_a \ne \mathcal{L}_s \space\land\space \mathcal{L}_s \subset \mathcal{L}_a$$genau wie schon von hj und mir im Kommentar unter der Frage beschrieben.

Dass einem Schüler diese Fehler (also das Ignorieren der Ausgangsgleichungen) passieren kann, mag sein. Mir ist dies in mehreren Jahrzehnten als Nachhilfelehrer nicht untergekommen. Kann mich jedenfalls nicht erinnern.

Die 'klassischen' Fehler liegen ganz woanders: falsch abgeschrieben, Klammern fehlen oder falsch gesetzt, Plus und Mal verwechselt, das gemischte Glied beim Quadrieren einer Summe unterschlagen, \(4\div 4 =0\), usw. usw.

Daher hatte ich meine Antwort auch vorher nicht abgeschickt, weil mir die Intention von Roland nicht klar war. Aber anscheinend geht es ihm darum, dass man die Summe zweier Gleichungen nicht alleine betrachten darf und das daher - selbstverständlich - keine Äquivalenzumformung ist.

Daher habe ich ja auch den Zusatz drin, dass die neue Gleichung eben nicht für sich alleine betrachtet werden darf, da sich sonst die Lösungsmenge ändert. Darauf bezog sich auch mein Beispiel.

Mir ist allerdings auch kein Fall bekannt, wo das wirklich passiert, weshalb ich nicht verstehe, wie Roland auf solch eine Frage überhaupt kommt.

Tut sie auch in Deinem Beispiel nicht. Und ich kenne auch keinen Fall, wo das passiert.

Ich habe die Aussage, die genau das suggeriert, mal entfernt. Es war ja nicht beabsichtigt, da ein Beispiel zu finden, weil es eben keines gibt. Dennoch bleibt die Summenbildung für sich alleine keine Äquivalenzumformung, aber ich kenne auch wirklich niemanden, der das so vermittelt. Gerade im Zusammenhang mit dem Gauß-Verfahren wird immer gesagt, dass die elementaren Umformungen äquivalente Gleichungssysteme liefern, da sie eben die Lösungsmenge nicht verändern. Das bezieht sich aber eindeutig nicht auf die Bildung der Summe zweier Gleichungen.

Unabhängig von den möglichen Fehlern, die jedem mal passieren ...

Ist nun die Addition (von Gleichungen eines GS) eine Äquivalenzumformung oder nicht? Der Ausdruck 'Äquivalenzumformung' bezog sich in meiner bisherigen Denke immer auf genau eine Gleichung.

Wenn ich eine 'Umformung' auf ein Gleichungssystem anwende, muss diese also genau wie bei der Anwendung auf eine Gleichung zwei Bedingungen erfüllen, um eine Äquivalenzumformung zu sein:

1.) die Lösungsmenge (des Gleichungssystems!) darf sich nicht verändern

2.) es existiert eine Umkehrung der Operation.

Beides ist meines Erachtens erfüllt - oder nicht?

Ich denke, da kommt es jetzt tatsächlich darauf an, wie man den Begriff Äquivalenzumformung definiert.

Bezieht sich die Äquivalenzumformung auf das gesamte Gleichungssystem (was ja in der Regel auch so üblich ist), dann ist die Summenbildung eine Äquivalenzumformung. Bezieht man sich dahingegen nur auf eine einzige Gleichung (wie soll das bei einer Summe von zwei Gleichungen eigentlich gehen?), dann ist es keine.

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