Vor einem Monat hatte ich von einem Verfahren zum Auffinden rationaler Näherungen von Quadratwurzeln berichtet. https://www.mathelounge.de/624644/rationale-naherung-von-quadratwurzeln-mit-cas.
In einer modifizierten Form erhalten wir mit diesem Verfahren genau die ersten Näherungen, welche schon die Babylonier vor 4000 Jahren gefunden hätten, wenn sie das ihnen bekannte Verfahren rekursiv genutzt hätten.
Die Babylonier näherten √z folgendermaßen an: Sie suchten eine Quadratzahl a² in unmittelbarer Nähe von z und fanden dann √z ≈ a+(z-a²)/(2a).
Beispiel: √5 soll angenähert werden. Die nächstgelegene Quadratzahl ist 4 (mit der Basis a=2) und die Babylonier rechneten √5≈2+(5-2²)/(2·2) = 2+1/4=9/4. Damit war eine erste rationale Annäherung an √5 gefunden.
Es ist nicht überliefert, ob die Babylonier das Prinzip der Rekursion kannten und wie weit sie Bruchrechnung beherrschten. Sie hätten nach ihrer eigenen Formel so weiterrechnen können:
√5≈9/4+(5-(9/4)²)/(2·9/4)=161/72. Damit hätten sie eine verbesserte rationale Annäherung an √5 gefunden.
In meinem Verfahren (s.o.) hatte ich √5-2 potenziert. Die angekündigte Modifikation besteht darin, dass die Exponenten dabei Potenzen von 2 sein sollen. Beginnen wir mit der kleinsten Zweierpotenz:
(√5-2)2=5-4·√5+4=9-4·√5. Damit ergab sich als erste rationale Näherung 9/4.
Die nächstgrößere Zweierpotenz ist 4 und (√5-2)4 = (9-4√5)2=81-72√5+80=161-72√5. Daraus ergibt sich die verbesserte rationale Näherung von √5 als 161/72.
Vergleichen wir die babylonischen Näherungen mit den durch Potenzieren mit Zweierpotenzen gefundenen Näherungen, so sehen wir eine verblüffende Übereinstimmung. Aber warum?
Bei den Babyloniern war die verbesserte Näherung n der √z aus einer Näherung a berechnet worden als n=a+(z-a²)/(2a)= (a²+z)/(2a).
Die Methode des fortgesetzten Potenzierens beginnt mit (√z- a)²=z-2a·√z+a², woraus dann n= (z+a²)/(2a) gewonnen wird.
Übrigens: Für einen Startwert a führt auch das Heron-Verfahren auf genau diese Kette von verbesserten Näherungen.