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Ich befasse mich zurzeit mit komplexen Zahlen und stelle mir die Frage ob die Rechenregeln, insbesondere die der Multiplikation rein axiomatisch festgelegt wurden oder ob es neben dem praktischen Nutzen auch eine tiefere, mathematische Erklärung dafür gibt.

Es ist ja bei der Addition so, dass die beiden Komponenten unabhängig voneinander behandelt werden, es werden einmal Realteile und separat davon Imaginärteile addiert weswegen mich die Notation z = a + bi etwas verwirrt hat.

Aber bei der Multiplikation werden Realteile und Imaginärteile distributiv verknüpft, d.h. jetzt macht das Pluszeichen einen Sinn. Wieso, mathematisch begründet? Falls es sich wie gesagt nicht um eine willkürliche' Festlegung handelt.

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Betrachten wir a+bi und c+di als Terme. so ergibt das Produkt der zwei Terme:

(a+bi)(c+di)=ac+adi+bci+bdi²=ac+i(ad+bc)+bdi²

Verwendet man jetzt noch die definierende Eigenschaft i²=-1 für i so ergibt sich:

(a+bi)(c+di)=ac-bd-+i(ad+bc)

In der Sprache der Ringtheorie folgt dass aus der Konstruktion $$\mathbb C \cong \mathbb R [t]/(t^2+1)$$

ja, wie man die Multiplikation auflöst ist mir klar. Von der Ringtheorie hatte ich noch nichts gehört/ gelesen. Ist die nötig, um die unterschiedliche Behandlung der beiden Komponenten einer komplexen Zahl bei Addition und Multiplikation zu verstehen?

also ich habe grade nochmal versucht, die Addition irgendwie als Verknüpfung von Real- u. Imaginärteilen aufzuschreiben:

z1 = a + bi , z2 = c +d i

z1 + z2 = -a*i*i + b*i   -   c*i*i + d*i = i(b-ai) + i(d-ci) = i(b+d-ai-ci) = i(b+d-i(a+c)) = (a+c) +i(b+d)

während ich ja sonst nur a+c berechne und separat davon (b+d)*i.

Du sprichst davon eine komplexe zahl hätte zwei Komponenten.

In deiner Vorstellung ist also wohl eine komplexe Zahl a+ib identisch mit dem Vektor (a,b) im der Ebene ℝ². Das ist ein Vektorraum und dort gibt es keine Multiplikation von Vektoren.

Die komplexen Zahlen als Körper sind aber mehr als ein Vektorraum.

Du scheinst mir so sehr an der vektoriellen Vorstellung zu kleben.


Was du in deinem Post ganz unten gerechnet hast scheint richtig zu sein allerdings ist mir völlig unklar was es bezwecken soll.

ja genau, ich habe versucht das mit Vektoren zu vergleichen und konnte kein Analogon zum Skalar- bzw. Vektorprodukt feststellen. Als einzigen Unterschied hatte ich i²=-1 identifiziert und i lediglich als "Einheit" der y-Achse (analog der y-Koordinate eines Vektors) aufgefasst.

bin mir auch nicht ganz sicher bei der Rechnung. Ich wollte die beiden "Komponenten" irgendwie miteinander verbinden weil sie ja auch bei der Multiplikation miteinander verrechnet werden. Der eigentliche Grund weshalb man zwei komplexe Zahlen grade so multipliziert und nicht anders ist mir allerdings noch nicht ganz klar. Man könnte ja auch z1*z2 = a*b + ci*di = ab - cd definieren. Dann käme also eine eine rein reelle Zahl heraus. Warum man das nicht so machen darf und warum man grade in der angebenen Weise multipliziert ... das war mein "Problem".

Das kannst du gern so definieren, ist aber nicht sonderlich nützlich.

Man würde gern die reellen Zahlen als teilmenge der komplexen Zahlem und die Addition/Multiplikation der reellen Zahlen als Spezialfall der komplexen Add./Mult. haben.

Das funktioniert bei deiner Def.

Ferner hätte man gern, dass sich die Multiplikation "sinnvoll" verhält:

https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rper_%28Algebra%29

Und das tut deine nicht:

(i+1)*i=1*1-1*0=1

i*(i+1)=1*0-1*1=-1

sie ist also z.B. nicht kommutativ.

Es ist sogar i*i=1+0-1*0=0 und wir wollen doch i*i=-1 haben.


meine Definition ist natürlich völlig aus der Luft gegriffen. Ich verstehe was du sagst und würde es auch gerne verifizieren, doch erhalte ich lustigerweise etwas anderes für deine Beispiele:

mit "meiner" Definition z1*z2= ab - cd erhielte ich für:

z1= i+1 , z2= i:

z1*z2 = (1+i) * (0+i) = 0 - i² = 1

jedoch für z1 = i , z2 = i+1:

z2*z1 = (0+i) * (1+i) = 0 - i² = 1

und für z1=i , z2 = i:

z1*z2= (0+i) * (0+i) = -i² = 1

wahrscheinlich meinst du jedoch was anderes und ich hab's nur noch nicht gepeilt :D
Kann durchaus sein, dass ich mich verechnet habe;

Ich habe deine Bezeichnung von oben z1 = a + bi , z2 = c +d i verwendet.

Ich bin nicht sicher ob du da nicht zwischendrin gewechselt hast und ehrlich gesagt hab ich keine lust rumzuraten wie du das genau definiert haben willst, weil egal wie, es wird nicht funktionieren.

Und auch i*i=1 ist nicht das was rauskommen sollte.
oops, es muß überall -1 statt 1 heißen (cd wird ja subtrahiert) und die i² fallen weg, also

z1*z2 = -1  für z1= i+1, z2 =i bzw. z1= i, z2=i+1 und z1*z2 = -1 für z1=i, z2=i.

sorry!! Die Definition war als z1*z2 = ac - bd gemeint (nicht ab - cd), ich wollte Realteile und Imaginärteile multiplizieren und dann addieren!

also mit z1=a+bi, z2 = c+di wäre bei z1*z2 = ac - bd  die Kommutativität gegeben und auch i² =-1.

Damit ist dann aber 1*i=0.

Und das wollen wir doch sicher nicht haben.
guter Punkt. Lässt sich denn beweisen, dass nur die gültige Definition Sinn ergibt, d.h. dass nur diese die nötigen Bedingungen* erfüllt?

*

(R1) (R,+) ist eine Gruppe.2)

(R2) (R,*) ist ein Monoid mit Einselement 1.

(R3) Es gelten die die beiden Verknüpfungen verbindenden Distributivgesetze

(http://www.math.uni-konstanz.de/~fehm/teaching/algebra/geyer2.pdf )
ps. übrigens danke für deine Antwort, hat echt weiter geholfen!
Das ist die Def. eines Rings, steht auch dort dabei. Was hat das hier zu suchen?

Die komplexen Zahlen mit Standardadd. und -mult. bilden einen Körper.

Def. dazu habe ich oben bereits verlinkt.


Ich kann zeigen, dass die Standadrverknüpfungen die einzig sinnvollen sind.

Allerdings brauch ich dafür einen Satz aus der Algebra ("Zerfällungskörper sind isomorph") der mir liefert dass zwischen zwei Strukturen auf ℂ ein ℝ-Ringisomorphismus existiert.

Keine Ahnung ob's  einfacher geht.

P.S. Schon lang niemanden mehr gesehen der noch  "daß" schreibt.
aha, alles klar! *Ironie aus*

es soll mal ein Mathebuch geschrieben werden, wo alles in chronologischer Reihenfolge dargestellt wird! Dieses hin- und herspringen zwischen den einzelnen Themen ist ja furchtbar!!

Da denkt man, dass wenn man mit den Zahlenbereichen und Grundrechenarten anfängt beginnt man ganz am Anfang und dann erfährt man, dem ist nicht so.

Mal sehen ob ich selbst Ordnung in diesen Themenwirrwarr reinbringen kann.

Ja, ich sag auch noch immer Allkauf statt real.- :D
Das mit dem Mathebuch in chronologischer Reihenfolge würde ich nicht empfehlen - da kriegst du sämtliche Umwege mit die gegangen wurden.

Dieses Hin-und herspringen zwischen den Themen ist nicht furchtbar sondern fruchtbar. (ich weiß, schlechter Wortwitz) Gerade das hilft Probleme anzugehen, die mit den Methoden des Themengebiets nicht oder nur sehr schwer angegangen werden können (eine schöne anschauliche Erklärung dazu findet sich mMn in Singh's "Fermats letzter Satz").

Ein klassisches Bsp. ist der Fundamentalsatz der Algebra, eine rein algebraische Aussage über komplexe Zahlen. Es gibt Beweise mit rein algebraischen Methoden, die sind extrem umstä#ndlich. Es gibt aber z.B. viele (der historisch erste ist auch darunter) aus der Funktionentheorie.

Mit chronologisch meinte ich schon eher das was heute als gesichert gilt, d.h. die Fakten, angefangen bei den Ur-Gesetzen / Axiomen bis hin in die hintersten Winkel der Mathematik wo alles nur noch aus anderem hergeleitet wird - und nicht chronologisch im historischen Sinne ;-) Von mir aus auch ein Mehrbänder. Das Werk sollte jedoch eine möglichst hierarchische Struktur haben, so ähnlich wie hier:

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:CollapsedtreeLabels-simplified.svg

Ich denke doch, dass die Mathematik heutzutage schon soweit ausgereift ist, dass man so eine chronologische (oder systematische - vielleicht gibt es einen besseren Begriff, wenn ja, fällt er mir grade nicht ein) Darstellung machen kann, die sowohl das Grundgerüst als auch den Hauptteil des mathematischen Gebäudes beinhaltet und so dem Lernbegierigen möglichst effektiv mathematisches Verständnis vermittelt. Er kann ja dann selbst entscheiden ob er da Bereiche überspringen möchte und noch mal zurückblättern bzw. den Index/ Register benutzen ist auch erlaubt :-)

ich meine, es ist doch nicht so, dass in der Mathematik Themengebiete völlig unabhängig voneinander existieren oder etwa doch? Alles baut doch auf gewissen Axiomen auf und hängt irgendwie zusammen.

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Multiplikation komplexer Zahlen und ihre mathematische Begründung

Die Einrichtung der komplexen Zahlen, inklusive ihrer Addition und Multiplikation, lässt sich nicht einfach als willkürlich bezeichnen. Stattdessen basieren diese Operationen auf einem tiefen Verständnis der Bedürfnisse in der Mathematik und Physik, um Probleme und Gleichungen zu lösen, die im Bereich der reellen Zahlen unlösbar sind. Insbesondere ist die Multiplikation komplexer Zahlen so definiert, dass sie eine Erweiterung der gewohnten algebraischen Eigenschaften und der geometrischen Interpretationen bietet. Hier erklären wir die mathematischen Hintergründe der Multiplikationsregel für komplexe Zahlen.


Mathematische Grundlagen

Komplexe Zahlen werden typischerweise in der Form \(z = a + bi\) dargestellt, wobei \(a\) den Realteil, \(b\) den Imaginärteil repräsentiert und \(i\) die imaginäre Einheit ist, mit der Eigenschaft \(i^2 = -1\).

Die Multiplikation zweier komplexer Zahlen \(z_1 = a + bi\) und \(z_2 = c + di\) wird nach dem Distributivgesetz durchgeführt:

\( (a + bi) \cdot (c + di) = ac + adi + bic + bidi \)

Da \(i^2 = -1\), kann \(bidi = bd(-1) = -bd\).

Also ist das Ergebnis:

\( ac + adi + bic - bd = (ac - bd) + (ad + bc)i \)

Die Form \(ac - bd\) bildet den neuen Realteil und \(ad + bc\) den neuen Imaginärteil der resultierenden komplexen Zahl.


Warum genau diese Formel?

Die Multiplikation ist so definiert, dass sie nicht nur den algebraischen Strukturen folgt, sondern sich auch nahtlos in die geometrische Interpretation komplexer Zahlen einfügt. Komplexe Zahlen können auch in Polarkoordinaten ausgedrückt werden, was besonders nützlich ist, um die Multiplikation zu verstehen.

Wenn man komplexe Zahlen in Polarkoordinaten umwandelt, wobei \(r\) den Betrag (Radius) und \(\theta\) den Winkel (Phase) bezeichnet, und dann zwei komplexe Zahlen multipliziert, addieren sich die Winkel, und die Beträge werden multipliziert. Diese Eigenschaft korrespondiert mit der Idee, dass die Multiplikation eine Drehstreckung in der komplexen Ebene bewirkt. Die Formel \((ac - bd) + (ad + bc)i\) spiegelt somit nicht nur eine algebraische Operation wider, sondern beschreibt auch eine grundlegende geometrische Transformation: Die Streckung durch Multiplikation der Beträge und die Drehung durch Addition der Winkel.

Diese Definition ermöglicht es also, mit komplexen Zahlen in einer Weise zu arbeiten, die sowohl die algebraischen Beziehungen zwischen Zahlen erweitert als auch die geometrischen Interpretationen dieser Beziehungen respektiert. In diesem Sinne wurde die Multiplikation komplexer Zahlen weder willkürlich festgelegt noch ausschließlich aus praktischen Gründen definiert. Sie ist vielmehr ein Resultat des Bestrebens, die mathematischen Operationen so zu erweitern, dass sie konsistent mit den bereits bestehenden Strukturen sind und gleichzeitig neue Problemlösungen ermöglichen.
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