Von einem Polynom f(x) unbekannten Grades ist folgende Wertetabelle bekannt:
x | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 |
f(x) | 0 | 8 | 54 | 192 | 500 | 1080 | 2028 |
Dann kann man den Graphen des Polynoms angenÀhert durch einen Polygonzug darstellen:
Auch eine Folge von Steigungswerten des unbekannten Polynoms lĂ€sst sich angeben: [8, 46, 138, 308, 580, 978]. Die Stellen, an denen diese Steigungen angenommen werden, lassen sich abschĂ€tzen. Generell schĂ€tzen wir, dass die durchschnittliche Steigung einer Kurve ĂŒber einem Intervall etwa in der Mitte des Intervalls von der Kurve selbst angenommen wird. Die ungefĂ€hre Wertetabelle der ersten Ableitung sieht dann so aus:
Wert der Stelle
| 1,5 | 2,5 | 3,5 | 4,5 | 5,5 | 6,5 |
Wert der Steigung an dieser Stelle
| 8 | 46 | 138 | 308 | 580 | 978 |
Der Graph der ersten Ableitung kann dann durch einen Polygonzug angenÀhert dargestellt werden:
Mit Hilfe der soeben genannten Wertetabelle der angenÀherten ersten Ableitung kann eine Wertefolge der zweiten Ableitung abgeschÀtzt werden: [38, 92, 170, 272, 398]. Die Stellen, an denen die zweite Ableitung diese Werte annimmt, schÀtzen wir ebenfalls ab und erhalten eine grobe AnnÀherung an eine Wertetabelle der zweiten Ableitung:
GeschÀtzte Stellen der Werte von f ''
| 2 | 3 | 4 | 5 | 6 |
Werte der zweiten Ableitung
| 38 | 92 | 170 | 272 | 398 |
Auch zu dieser Wertetabelle zeichnen wir den Polygonzug, der den Graphen der zweiten Ableitung vermutlich gut annÀhert:
Die Wertefolgen aus den drei bisher genannten Wertetabellen sind
[0, 8, 54, 192, 500, 1080, 2058]
d1= [8, 46, 138, 308, 580, 978]
d2= [38, 92, 170, 272, 398].
Dabei sind d1 und d2 jeweils die Differenzenfolgen der vorausgegangenen Wertefolgen. Wir nennen sie die erste und die zweite Differenzenfolge der durch ihre ersten Glieder gegeben Ausgangsfolge. Wir erinnern uns, dass wir den Grad des zugehörigen Polynoms suchen. Wir bilden noch die dritte und die vierte Differenzenfolge:
d3= [54, 78, 102, 126]
d4= [24, 24, 24].
Damit kennen wir die ungefÀhren Wertetabellen der dritten und der vierten Ableitung:
GeschÀtzte Stellen der Werte der dritten Abl.
| 2,5 | 3,5 | 4,5 | 5,5 |
Werte der dritten Ableitung
| 54 | 78 | 102 | 126 |
und
GeschÀtzte Stellen der Werte der vierten Ableitung
| 3 | 4 | 5 |
|
Werte der vierten Ableitung
| 24 | 24 | 24 |
|
Die Graphen der dritten und der vierten Differenzenfolgen sind Geraden. Sie nÀhern die Graphen der dritten und der vierten Ableitung an. Es liegt nahe zu vermuten, dass der exakte Graph der dritten Ableitung parallel zu dem durch die Wertetabelle abgeschÀtzten verlÀuft. Der Graph der vierten Ableitung könnte sogar exakt sein.
Nehmen wir also an, dass die vierte Ableitung konstant ist und das gesuchte Polynom folglich den Grad 4 hat. Nun können wir in den Ansatz f(x)=ax4+bx3+cx2+dx+e fĂŒnf Punkte aus der gegebenen Wertetabelle einsetzen und erhalten fĂŒnf Gleichungen mit fĂŒnf Unbekannten und daraus die Lösungen a=1, b=-1, c=0, d=0 und e=0. Wenn wir das so gewonnene Polynom f(x)=x4-x3 mit der eingangs gegebenen Wertetabelle vergleichen, stellen wir fest, dass wir das gesuchte Polynom gefunden haben. Nun lĂ€sst sich auch die QualitĂ€t unserer bisherigen AbschĂ€tzungen der Wertetabellen der ersten und der zweiten Ableitung ĂŒberprĂŒfen (PolygonzĂŒge fĂŒr die geschĂ€tzten Wertetabellen, durchgezogene Linie fĂŒr die exakten Graphen, schwarz=erste Ableitung, rot=zweite Ableitung):
Die Abweichungen sind â vor allem bei der zweiten Ableitung â kaum sichtbar. Rechnerisch sind aber Abweichungen feststellbar, indem man Fragen dieser Art nachgeht: âAn welcher Stelle ist die Steigung von f gleich 8?â Ansatz: 4x3-3x2=8; reelle Lösung nĂ€herungsweise: x = 1.565775822. Der geschĂ€tzte Wert weicht davon um weniger als 7% ab. Bei weiteren geschĂ€tzten Werten ist die Abweichung noch geringer. Betrachtet man einen Bereich in der NĂ€he von (0|0) mit einer gezoomten Skalierung, so erkennt man:
Fazit: Die explizite Darstellung des allgemeinen Gliedes einer Folge, deren Anfangsglieder bekannt sind, gelingt erfolgreich insbesondere dann, wenn die Differenzenfolgen von Differenzenfolgen auf eine konstante Differenzenfolge stoĂen. Ist die k-te Differenzenfolge konstant, so hat das durch eine Wertefolge gegebene Polynom den kleinsten Grad k.