Als Mathematikstudenten sollen wir die Frage beantworten: Wer gilt als der Erfinder des Koordinatensystems? Auf der Suche nach einer Antwort gelangte ich zu folgender Hypothese: Der Erfinder des Koordinatensystems ist Nikolaus von Oresme. Kann diese Hypothese von einem Leser der folgenden Zeilen widerlegt werden?
Als ich mich kürzlich an die Frage erinnerte, fand ich im Internet im Wesentlichen 2 Ergebnisse:
Unter Wikipedia fand ich:
Ein kartesisches Koordinatensystem ist ein orthogonales Koordinatensystem. Es ist nach dem latinisierten Namen Cartesius des französischen Mathematikers René Descartes benannt, der das Konzept der „kartesischen Koordinaten“ bekannt gemacht hat. Im zwei- und dreidimensionalen Raum handelt es sich um das am häufigsten verwendete Koordinatensystem, da sich viele geometrische Sachverhalte in diesem anschaulich und übersichtlich beschreiben lassen.
Unter Kartenkunde leichtgemacht - Handbuch (kartenkunde-leichtgemacht.de) fand ich den Titel „Kartenkunde leichtgemacht“ mit dem Untertitel „Grundlagen für die Geländeorientierung“. Dort heißt es:
Georg Soldner, hat als Direktor der Münchner Sternwarte im 19. Jh. ein rechtwinkliges Koordinatensystem mit dem Zentralpunkt in München (Sternwarte, Kirchturm) geschaffen. Dieses sollte für das Vermessungsgebiet eines Landes gelten. Der Meridian durch diesen Zentralpunkt wurde die x-Achse, der Koordinaten Nullpunkt der Zentralpunkt. Es gab positive und negative Werte in diesem Koordinatensystem. Ende des 19 Jahrhunderts gab es fast 50 solcher Koordinatensysteme in Deutschland mit Nullpunkten in München, Tübingen, Darmstadt, Mannheim,... Dieses Durcheinander an Koordinatensystemen wurde von wenigen Meridianstreifen-systemen abgelöst. „Das Gauß-Krüger-Koordinatensystem ist ein rechtwinkliges Koordinatensystem, das es ermöglicht, jeden Punkt der Erde mit einer Koordinate (Rechts- und Hochwert) eindeutig zu verorten. Das System wurde von Carl Friedrich Gauß und Johann Heinrich Louis Krüger entwickelt und wird vor allem im deutschsprachigen Raum seit 1923 genutzt. Sehr viele amtliche topografische Kartenwerke, insbesondere großer und mittlerer Maßstäbe, bauen auf dem Gauß-Krüger-Koordinatensystem auf.
Die folgende Quelle recht wesentlich weiter zurück:
Biografisch-bibliographisches Kirchenlexikon; Verlag Traugott Bautz
(BBKL Herzberg 1993; ISBN 3 88309 044 1)
Dort finden wir:
Nikolaus von Oresme (ca.1325 – 1382) Koordinaten
Auch auf einem anderen Gebiet der Naturwissenschaft trat Nikolaus von Oresme hervor: der Verwendung von Koordinaten zur quantifizierenden Bestimmung qualitativer Veränderungen. Es geht um das Problem der "intensio et remissio qualitatum seu formarum" oder der "Breite der Form" (latitudo formarum). Die Merton Schule von Oxford vertrat hier die numerische Methode, deren Ziel darin bestand, das Ausmaß der Veränderung einer Qualität oder Form mit Hilfe einer festen Skala numerisch auszudrücken. Die Intensität (intensio) oder "Breite" einer Form war ihr numerischer Wert. So ließ sich das Verhältnis der intensio, der veränderlichen Form zu einer unveränderlichen, z. B. der "Ausdehnung" (extensio) durch ein bestimmtes Zahlenverhältnis ausdrücken. In Paris entwickelte man zur Darstellung von Funktionsbeziehungen die graphische oder geometrische Methode, die auch Nikolaus von Oresme vertritt. Das Verhältnis von intensio und extensio lässt sich graphisch derart bestimmen, dass die horizontale Grundlinie die Extension einer Qualität in einem bestimmten Subjekt repräsentiert, während die auf ihr aufgerichtete, senkrechte, vertikale Linie den Intensitätsgrad der an diesem Punkt gegebenen Extension darstellt. Verbindet man die Spitzen dieser "Breiten" miteinander, erhält man eine je verschieden gestaltete Linie; soll z. B. das Verhältnis von Geschwindigkeit zur Zeit dargestellt werden: eine zur Grundlinie horizontal verlaufende, bei z. B. gleichförmiger Geschwindigkeit, oder eine Gerade, die mit der Grundlinie einen Winkel bildet, bei gleichmäßiger oder schließlich eine Kurve, bei wechselnder Beschleunigung oder Verzögerung. Die Proportion zwischen zwei Intensitäten einer selben Natur ist die zwischen den beiden vertikalen Linien, die die intensio repräsentieren. Nikolaus von Oresme entwickelt seine Theorie in seiner Schrift De configurationibus qualitatum. Da er aber die "Quantität einer Qualität" mit Hilfe einer geometrischen Figur von gleicher Gestalt und gleichem Flächeninhalt darstellen wollte, also an der Figur als solcher interessiert war und nicht daran, die Position eines Punktes in Bezug auf die geradlinigen Koordinaten zu bestimmen, bringt sein Verfahren zwar einen gewissen Fortschritt, aber nirgends hat er den Zusammenhang zwischen algebraischer und geometrisch graphischer Darstellung von Funktionsbeziehungen erörtert, wie er für die analytische Geometrie bei Descartes bedeutsam wird. In diesem Zusammenhang hat Nikolaus von Oresme auf dem Gebiet der Kinematik den geometrischen Beweis dafür geliefert, dass "eine gleichmäßig beschleunigte oder verzögerte Bewegung - was den in gegebener Zeit durchmessenen Raum anbetrifft - gleich einer uniformen Bewegung ist, deren Geschwindigkeit der Augenblicksgeschwindigkeit der beschleunigten oder verzögerten Bewegung im Zeitmittel gleich ist" (A. C. Crombie). Er scheint hier die Ansicht vertreten zu haben, dass die Fallgeschwindigkeit von Körpern direkt proportional zu der Fallzeit ist und nicht zu der räumlichen Distanz.
Die weiteren Nachforschungen führten nicht zu einem Hinweis auf einen noch früheren Erfinder des Koordinatensystems. Ich möchte daher behaupten, Nikolaus von Oresme kann als Erfinder des Koordinatensystems angesehen werden. Kann diese Hypothese von einem Leser dieser Zeilenwiderlegt werden?