Im allgemeinen Fall ist
Geschwindigkeit = Strecke/Zeit (*)
falsch, das ist nur für geradlinig gleichförmige Bewegungen der Fall, die natürlich relativ langweilig sind, da sie einfach nur eine Bewegung beschreiben, die nie die Richtung ändert und immer gleich schnell ist - für einen Physiker ist das im Zweifel überhaupt keine Bewegung, da man im Zweifel eine Koordinatentransformation ins mitbewegte Bezugssystem vornehmen kann, in dem der Körper ruht. Nach dem Relativitätsprinzip läuft die Physik da ganz genau so ab.
Dass die Definition (*) im Allgemeinen nicht richtig kann, zeigt das folgende Beispiel:
Die Bewegung eines Körpers sei aufgeteilt in zwei Phasen, die beide 10 Sekunden lang sind, wobei er in der ersten ruhe und sich in der zweiten mit 1 m/s bewege.
Nach den 20 Sekunden (=Zeit) hat der Körper logischerweise 10 m zurückgelegt. Nach (*) hieße das, dass seine Geschwindigkeit 0,5 m/s betrug - offenbar ist das aber nicht mal wenigstens für einen der beiden Abschnitte korrekt.
Man stellt fest, dass die alte Definition (*) jetzt die Durchschnittsgeschwindigkeit der Bewegung ist - bei gleichbleibender Geschwindigkeit ist die Durchschnittsgeschwindigkeit natürlich exakt die Bewegungsgeschwindigkeit.
Tatsächlich ist es sinnvoll von Streckendifferenzen und Zeitdifferenzen zu sprechen, da man sich ja immer auf ein ganz bestimmtes Zeitfenster bezieht, wenn man die Durchschnittsgeschwindigkeit berechnet.
Man schreibt:
vD = Δs/Δt (**)
wobei das Δ (=Delta, vierter griechischer Buchstabe) andeutet, dass es sich um eine Differenz handelt.
Möchte man jetzt die Geschwindigkeit des Körpers zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt kennen, so muss man das Zeitintervall zunächst um diesen Zeitpunkt legen und dann sukzessive immer kleiner machen. Dadurch wird natürlich auch die in dieser Zeit zurückgelegte Strecke immer kleiner und der sogenannte Differenzenquotient (**) nähert sich immer mehr einem gewissen Wert an, der genau der Geschwindigkeit zum gewünschten Zeitpunkt entspricht.
In der 10. bis 11. Klasse lernt man in der Mathematik, dass dieser Grenzwert des Differenzenquotienten dem Differentialquotienten entspricht, also der Ableitung der Streckenfunktion am gewünschten Zeitpunkt. Mit anderen Worten: Wenn du die Strecke als Funktion der Zeit aufträgst, dann ist die Geschwindigkeit zu einem Zeitpunkt gleich der Steigung der Tangenten in diesem Punkt.
In Formel bedeutet das (wenn man als "Ableiten nach der Zeit" einen Punkt über dem Symbol vereinbart):
$$ v = \dot { s } $$
Als kleine Anmerkung noch der Spezialfall der geradlinig gleichförmigen Bewegung. Da lautet die Streckenfunktion
s(t) = v0*t
mit einer konstanten Geschwindigkeit v0. Die Ableitung der Streckenfunktion lautet
v(t) = s'(t) = v0
Durch Vergleich mit der Streckenfunktion sieht man: v(t) = s(t)/t