Auf der Jahrestagung der American National Society (AMS) im Oktober 1903 war ein Frederick Nelson Cole angekündigt, der über ‚Faktorisierung großer Zahlen‘ sprechen wollte. Als der Vorsitzende den Vortrag von Cole aufrief, trat dieser an die Tafel und sprach nach der Anrede des Auditoriums kein weiteres Wort, sondern rechnete schriftlich zunächst 267-1 und dann das Produkt 193707721·761838257287. Die beiden Ergebnisse stimmten überein. Zum ersten und einzigen Mal brach das Publikum einer Versammlung der AMS in stehenden Applaus aus. Niemand stelle eine Frage und Cole nahm wieder Platz. Was war geschehen?
In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts hatte der Minoritenbruder Marin Mersenne - auf der Suche nach vollkommenen Zahlen - Ausdrücke der Form Mp=2p-1 (p=Primzahl) auf Primalität untersucht. Dabei glaubte er, mit 267-1 eine Primzahl gefunden zu haben. Im Jahre 1876 allerdings gelang dem französischen Mathematiker Edouard Lucas dank eines Kunstgriffs, der Nachweis, dass 267-1 das Produkt zweier Zahlen sein müsse. Welche Faktoren das sind, wusste Lucas nicht und auch bis 1902 niemand auf der Welt. Dieser Kunstgriff wurde etwa 80 Jahre später von Derrick Lehmer noch verbessert und heißt heute Lucas-Lehmer-Test. In diesem Test wird eine Zahlenfolge (Ln)nєIN aus p-1 Gliedern rekursiv entwickelt, nach der Vorschrift:
L1=4
Ln=mod((Ln-1)2-2,Mp)
Ist Lp-1=0, dann ist Mp eine Primzahl. Heute berechnet Computer-Algebra die Faktorenzerlegung von267-1 in 0,01 Sekunden. Aber Cole hatte keinen Computer. Er soll in einer schwachen Stunde gestanden haben, dafür die Sonntage dreier Jahre geopfert zu haben. Wer nachvollziehen möchte, was Cole da geleistet hat, versuche einmal, die beiden Faktoren von 211-1 ohne digitales Werkzeug zu finden. Auch bei guter Kenntnis der elementaren Zahlentheorie sind 5 schriftliche Divisionen durchzuführen. Da ist es verständlich, dass sich Mersenne bei der Suche nach Faktoren von 267-1 verrechnet hat und die Leistung von Cole verdient große Anerkennung seines Fleißes und seiner Ausdauer.
Heute suchen Hobby-Mathematiker unablässig, den Größenrekord für bekannte Primzahlen zu brechen. Meistens suchen sie dabei unter den Zahlen 2p-1 mit einer Primzahl p, den sogenannten Mersenne-Zahlen. Für diese gibt es, wie gesagt, den Lucas-Lehmer-Test. Viele Hobbymathematiker schließen sich im ‚Great Internet Mersenne Prime Search-Projekt‘ (GIMPS), zusammen. Sie laden sich dort ein Programm herunter, anschließend bekommt jeder Rechner einen bestimmten Zahlenbereich für die Suche zugewiesen. Aber selbst mit einer geschickten Programmierung dieses Tests und einem sehr leistungsfähigen Rechner benötigt man viel Glück und mehrere Tage Rechenzeit, um im zugewiesenen Zahlenbereich einen neuen Rekordhalter zu finden. Den Rekord zu Beginn des Jahres 2018 hielt der Amerikaner Jonathan Pace, Teilnehmer bei GIMPS. Seine Zahl lautet 277232917-1. Sie ist 23249425 Stellen lang. Um sie aufzuschreiben, bräuchte man in etwa denselben Umfang an Zeichen, der in fünf Bibeln abgedruckt ist.
Als 1952 der erste digitale Rechner den aktuellen Rekordhalter, die Zahl 2521-1 fand, konnte diese mit 157 Stellen noch in wenigen Zeilen abgedruckt werden:
6864797660130609714981900799081393217269435300143305409394463459185543183397656052122559640661454554977296311391480858037121987999716643812574028291115057151
Bis zum Jahre 1994 war der Rekord auf 258716 Stellen angestiegen.
Schon seit dem 15. Jahrhundert suchen Mathematiker nach Rekordprimzahlen. Das elektronische Werkzeug hat nach 1952 die Rekorde purzeln lassen. Geblieben ist aber die Neigung von Hobbymathematikern, sich Herausforderungen zu suchen.