Ich habe diese Frage schon in einem anderen Mathematik-Forum gestellt und keine zufriedenstellende Antwort bekommen, weshalb ich es nun hier versuche! ^^
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Ich habe eine Frage zur Rolle der materialen Implikation in der Mathematik. Damit meine ich die Aussage „A ⇒ B“, mit den folgenden Wahrheitswerten:
Wenn A wahr und B wahr, dann ist A ⇒ B wahr. (*)
Wenn A wahr und B falsch, dann ist A ⇒ B falsch. (**)
Wenn A falsch und B wahr, dann ist A ⇒ B wahr. (***)
Wenn A falsch und B falsch, dann ist A ⇒ B wahr. (****)
Ich bin, beim Verfassen eines Skriptes für einen Nachhilfeschüler, auf ein paar Probleme gestoßen, über die ich, als Student, nie so richtig nachgedacht habe:
(1) Der Folgepfeil ⇒ hat, wenn er in Beweisen oder beim Umformen von Gleichungen vorkommt, eine größere Bedeutung als die materiale Implikation. In diesen Kontexten bedeutet A ⇒B meinem Verständnis nach eher „Wenn A wahr ist, dann MUSS B notwendigerweise wahr sein.“
Sind die Folgepfeile in Beweisen also gar keine richtigen materialen Implikationen, sondern eher so etwas wie logische Folgerungen?
(2) Wofür benötigt man in der Mathematik die materiale Implikation? Würde man mit logischen Schlüssen nicht auskommen?
Es ist doch in der Mathematik nun einmal nicht üblich
„ Ist eine reelle Funktion differenzierbar, so ist sie stetig.“
⇒ „Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten einer Matrix A sind linear unabhängig.“
zu schreiben, obwohl beide Aussagen wahr und damit auch die (materiale) Implikation wahr ist. Wir benötigen, um das so zu schreiben, doch eine logische Verknüpfung zwischen beiden Aussagen, welche die materiale Implikation, dessen Wahrheitswert ausschließlich von den Wahrheitswerten der verknüpften Aussagen abhängt, nicht liefert. (Man kann eben hier nicht sagen, dass B notwendigerweise wahr ist, wenn A wahr ist, weil B keine logische Folgerung aus A ist.)
(3) Habe ich es richtig verstanden, dass man im Prinzip die Voraussetzungen (A) immer als wahr voraussetzt, um dann, mittels logischer Folgerungen (keinen Implikationen!, sie teilen sich nur zufällig das Symbol „⇒“) aus A neue (und notwendigerweise wahre!) Aussagen zu folgern. Man hat dann gewonnen, dass man sich sicher sein kann, dass auch die Implikationen wahr sind, da die neuen Aussagen (dadurch, dass sie logische Folgerungen aus A sind) wahr sind. Dies macht man so lange, bis man bei B ist. Dann ist B notwendigerweise wahr und damit ist auch „A ⇒ B“ wahr.
So entstehen letztlich Beweise von Aussagen wie „A ⇒ B“ und ist das der Nutzen der materialen Implikation oder bin ich da auf dem Holzweg?
Ich weiß, dass das keine einfache (und dazu eine sehr lange!) Frage ist, aber würde mich freuen, wenn mir jemand helfen könnte!