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Hallo zusammen. Was mir im Mathematikstudium aufgefallen ist, das fast alle Module (ausser die Grundlagenmodule im ersten Studienjahr) mit einer mündlichen Prüfung abgeschlossen werden. Ist das bei euch auch so? Ich frage mich warum das so ist. Sind schriftliche Prüfungen eher unangemessen oder unpraktischer? Ich hatte bis jetzt keine Mündliche, wodurch ich da keinen Vergleich machen kann. Kennt sich da jemand aus?

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Eine schriftliche Prüfung ist statisch aufgebaut, du bekommst vorher festgelegte Aufgaben, die du abarbeiten musst. Kommst du nicht auf den Lösungsansatz, verlierst du auf jeden Fall Punkte und deine Note wird ggf. schlechter. Machst du einen unnötigen Rechenfehler etc. gibt es Punktabzug und die Note wird ggf. wieder schlechter.

Es ist oftmals schwer, in fortgeschrittenen Kursen gute Klausuraufgaben zu konzipieren. Man muss ja einerseits eine gewisse Breite des Stoffes abdecken und andererseits müssen die Aufgaben dann in einer kurzen Zeit bearbeitbar sein. Viel Raum für technisch ausschweifende Beweise ist da also nicht. Auf der anderen Seite dürfen die Aufgaben aber auch nicht unmittelbar geschenkt sein. Man will ja schon eine Leistungserhebung durchführen.

Schriftliche Prüfungen sind bei einer großen Zahl an Teilnehmern wesentlich effizienter durchzuführen. Da ist es auch mal möglich 300 Klausuren an einem Tag abzuarbeiten (sofern man genügend Hilfskräfte zur Hand hat und sie mit Pizza bei Laune hält). Würde man bei 300 Leuten mündliche Prüfungen je 15 Minuten + 5 Minuten Puffer/Nachbesprechung ansetzen, bräuchte der Dozent mit dem Beisitzer mehr als 2 Arbeitswochen. Die Termine zu vergeben ist eine Qual, weil es überall Überschneidungen geben wird und später sind Dutzende krank und das ganze Spiel fängt von vorne an. Da muss man also schon wirklich große Lust darauf haben.

Mündliche Prüfungen sind dagegen dynamisch. Der Prüfer kann die Prüfung und somit das Ergebnis (auch zu deinen Gunsten!) besser steuern. Da es in der Mathematik eher darauf ankommt, dass man den Stoff und die Zusammenhänge verstanden hat, als eine bestimmte Aufgabe in x Minuten lösen zu können, war/ist das zumindest an meiner Uni die bevorzugte Prüfungsform im fortgeschrittenen Studium. In meinem Master waren fast alle Prüfungen mündlich. Wenn du auf eine Frage nicht das antwortest, was er geplant hatte zu hören, kann er z.B. die Frage neu formulieren oder dich auch mal sanft in die Richtung der gewünschten Antwort schubsen, ohne dich zwangsweise direkt schlechter bewerten zu müssen.

Das waren so meine Erfahrungen und Eindrücke als Student, sowie als mit Pizza gemästeter Hilfskraft.

Ich danke Dir für deine ausführliche Antwort!

Wer stellt die Aufgaben bei Staatsexamensprüfungen, also zentralen Prüfungen?

Beim Abitur müssen meines Wissens Gymnasien Aufgabenstellungen einreichen zur Auswahl. Daher vermute ich, dass das in diesen Fall die Unis machen. Liege ich damit richtig?

2 Antworten

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Das lässt sich so gar nicht verallgemeinern. Bei mir waren die mündlichen Prüfungen erst im Master, selten mal eine im Bachelor. Gerade auch, weil man bei ca. 200-300 Studenten kaum für jeden eine mündliche Prüfung machen kann. Im Master waren es dann glaube ich nur noch um die 70-80 Studenten.

Ein Grund, gerade für die fortgeschrittenen Module, ist, dass es da weniger zu rechnen gibt, was man gut in einer Klausur abfragen könnte. Es geht viel mehr um die grundlegenden Aussagen der Vorlesung sowie die Zusammenhänge. Von zentralen Sätzen sollte man Beweisideen können. Sowas lässt sich eben nicht gut in einer Klausur abfragen, weil es da kaum Dinge gibt, die man wirklich rechnen kann.

Außerdem ist davon auszugehen, dass jemand im höheren Semester "rechnen" kann. Wer da immer noch keine Ableitungen, Integrale, Brüche, mit Matrizen etc. (be)rechnen kann, studiert meines Erachtens sowieso das falsche Fach. Diese Kernkompetenzen muss man in einer Klausur also ohnehin nicht mehr abfragen. Wichtiger sind dann eben die Zusammenhänge, um die es in der Vorlesung geht.

Aus diesem Grund sind mündliche Prüfungen auch häufig einfacher als schriftliche Prüfungen, da man selbst kaum rechnen muss und man auch ohne großer Rechenkünstler die Zusammenhänge und Beweisideen der wichtigsten Sätze lernen kann. Man braucht dafür allerdings das nötige mathematische Verständnis.

So ist jedenfalls meine Erfahrung. Das kann natürlich von Uni zu Uni unterschiedlich sein. Meine erste mündliche Prüfung hatte ich tatsächlich erst zur Optimierung 2, einer Vorlesung, die man standardmäßig schon im 6. Bachelorsemester hören kann, aber für den Master anerkannt wird. Ansonsten hatte ich zu keinen meiner Bachelormodule eine mündliche Prüfung.

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Ich danke Dir

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Auch das wieder eine Frage, die Dir am besten die Leute vor Ort (Profs, Mitarbeiter, Studienberater) beantworten können. Das sollte Deinen erste Ansprechpartner sein, nicht anonyme Foristen, die teilweise gar nicht Mathe studiert haben und das an ganz unterschiedlichen Hochschulen.

Und dabei geht es sicher nicht darum, was für den Prüfling praktischer ist, sondern was für die Prüfer praktischer ist.
Die Teilnehmerzahlen im Grundstudium sind eben höher, da sind Klausuren einfacher durchzuführen. Später, mit kleineren Teilnehmerzahlen, sind mündliche Prüfungen günstig, weil man nur da wirklich feststellen kann, was ein Prüfling drauf hat. Wer nur auswendig gelernt hat, fliegt da sofort auf.

Ich hatte im Hauptstudium nichts schriftliches, nur Seminarvorträge (mit Ausarbeitung) und ganz am Ende mündliche Prüfungen. Ist aber ein Weilchen her.

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Ich danke dir.

Ich wollte einfach mal hier nachfragen, ob es allgemein bei anderen Hochschulen auch so ist.

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