Die Frage, wieso Mathematik existiert, lässt sich sicher auf sehr viele Weisen angehen. Hier mein freier Versuch:
Wenn wir aufwachsen, bemerken wir irgendwann, dass - nachdem sich eine grundlegende Sprache in uns gefestigt hat - Dinge gezählt werden können. Dabei meint "zählen", man kann statt "Apfel" plötzlich "zwei Apfel" (Äpfel) sagen und erhält die doppelte Menge an Nahrung von seinen Eltern. Es ergibt sich also ein deutlicher Vorteil gegenüber den Kindern, die nicht zählen können. Vor dem Zählen bemerkt das Kind natürlich, dass es "Apfel" sagt und dann plötzlich ein "Apfel" auf den Tisch gelegt wird :)
Diese Erkenntnis nennen wir später Abstraktion (wir verallgemeinern etwas). Statt den einen Apfel (und nur den) vor uns zu sehen und den nächsten Apfel als etwas ganz anderes einzuschätzen, ergibt sich plötzlich die Möglichkeit, beide Objekte zusammenzufassen und "zwei Äpfel" daraus zu machen.
Durch die Abstraktion können wir uns weitere Äpfel vorstellen, eins, zwei, drei, vier, fünf, .... usw. Mengen ergeben sich.
Mengen lassen sich wiederum auch zählen. Sozusagen eine Abstraktion einer Abstraktion (ich weiß nicht, ob das korrekt beschrieben ist, aber du verstehst sicher, was ich meine).
Kinder bemerken dann, dass sich neben Objekten wie Obst, Gemüse, auch Finger, Steine, Blätter usw. zählen lassen. Und zwar nicht nur einzeln, sondern auch zusammen. 3 Bananen und 3 Steine sind 6 Dinge / Objekte.
Die Mathematik ist der wahrscheinlich höchste Grad dieser Abstraktion, denn wir benötigen keine Objekte mehr, sondern verwenden die Zahlen bzw. Zahlzeichen "1", "2", "3" als eigenständige Objekte. Mit diesen können wir nun spielen und Sachen und Situationen schaffen, wie es uns beliebt. Du kannst sozusagen Gott deiner selbst geschaffenen Welt sein, du legst die Elemente fest, die darin auftauchen und du kannst sie miteinander in Verbindung bringen, sie kombinieren und anderes. Und damit wir nicht verrückt werden (Spaß), gibt uns die Mathematik einen Rahmen, eine abstrakte Beschreibung dessen, was möglich sein darf :-)
Später kommt man dann auf Ideen wie: Wenn ich immer etwas dazunehme, dann habe ich ja 1 + 1 = 2, dann 2 + 1 = 3. Und abstrahiere das, wenn ich es kurz ausdrücken möchte, indem ich nicht nur Zahlen, sondern allgemein Zeichen verwende. Zum Beispiel als Zuordnung mit f(x) = x+1 = y. Und man erschreckt sich vielleicht in dem Moment, wenn man sich fragt, wo denn das Ende der Zahlen ist?
Und dann stellt man fest, wenn man das Koordinatensystem kennenlernt, dass sich x und y wunderbar als Punkte einzeichnen lassen. Wenn man diese dann verbindet, erkennt man neue Zusammenhänge! Kann neue Schlüsse ziehen... zweidimensional, mit einer weiteren Achse auch dreidimensional. Kann sich Formeln / Beschreibungen für Kreise, Kugeln, etc. schaffen. Was für eine Welt!
Mathematik hilft uns also auch, Neues zu entdecken.
Gut, das war ein kleiner Ausflug. Ich hoffe, ein wenig davon hilft, die Frage nach der Existenz zu beantworten.
Liebe Grüße
Kai
Ein kleines Video als Ergänzung: